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Der langsame Tod des Viktoriasees

Der Fischer Joseph Kibooli steht vor seinem leeren Boot und schaut betrübt auf das stille Wasser des Viktoriasees. „Noch bis vor drei Jahren konnte ich jeden Tag bis zu 100 Kilogramm Fisch fangen“, sagt er. Jetzt seien es höchstens 30 Kilo und manchmal auch gar nichts. „Wenn nicht dringend etwas unternommen wird, dann wird sich der See in eine Wüste verwandeln“, erklärt der 37-Jährige. Meist bricht er vom Strand des Dörfchens Ssenyi, etwa 70 Kilometer südlich der Hauptstadt Kampala, zum Fischfang im zweitgrößten Süßwassersee der Erde auf. Aber Experten warnen, dass das Gewässer schon bald nicht mehr in der Lage sein wird, Millionen Menschen zu ernähren, die mittlerweile von ihm abhängig sind. Der Viktoriasee umfasst 69 000 Quadratkilometer und hat damit in etwa die Größe Bayerns.

Gefährdung von Bienen durch das Neonikotinoid Thiacloprid

Aufgrund der vorliegenden Daten nahm die EU-Kommission mit Wirkung zum 1. Dezember 2013 europaweit die Neonikotionidwirkstoffe Clothianidin, Thiamethoxam und Imidacloprid für zwei Jahre für alle bienenrelevanten Kulturen vom Markt, da sie im Verdacht stehen, das Bienenvölkersterben wesentlich mit zu verursachen. Weitere Neonikotinoide, wie z.B. auch das Thiacloprid, wurden noch nicht verboten, obwohl es bereits genügend Forderungen aus der Wissenschaft sowie von Imker- und Naturschutzverbänden gibt, alle Neonikotinoide zu verbieten. Die Geschichte der Chemikalienpolitik und der Regulierung gefährlicher Chemikalien zeigt, dass sich Ersatzstoffe aus derselben Substanzklasse bei weiteren wissenschaftlichen Untersuchungen häufig als ebenso gefährlich herausgestellt haben. Dies gilt auch für das Thiacloprid. Seit Frühjahr 2014 liegen hierzu zwei Studien vor, die der Neurobiologe Dr. Menzel von der Freien Universität Berlin zusammen mit anderen Wissenschaftlern veröffentlichte.

Pestizide gefährden Gewässer weltweit

Je wärmer, desto mehr Pestizide: Im Süden ist die Gefahr höher, dass Pestizide in die Gewässer geraten als im Norden. Dies erkennt man auf einer erstmals erstellten Weltkarte, die das Risiko von Agrochemikalien für Gewässer abbildet. Höhere Durchschnittstemperaturen führen zu einem höheren Einsatz von Insektiziden. Dies ist aber nur eine Erkenntnis aus der globalen Untersuchung. Die eindrücklichste und gleichzeitig auch bedenklichste ist folgende: Auf rund 40 Prozent der Erdoberfläche geraten Pestizide aus der Landwirtschaft in die Fliessgewässer. Dort können sie das Ökosystem empfindlich stören, indem sie etwa zum Rückgang der Artenvielfalt beitragen. Die grössten Risiken bestehen im Mittelmeerraum, in den USA, in Mittelamerika und Südostasien.

Die negativen Auswirkungen des Maisanbaus auf die Vogelartenvielfalt sind wissenschaftlich belegt

Die Zahl der Brutvögel der Agrarlandschaft hat sich in Europa seit 1980 etwa halbiert. So hat der Brutbestand des Stars innerhalb von 25 Jahren um mindestens 80 % abgenommen. Derjenige des Feldsperlings hat sich seit 1994 nahezu halbiert; gegenüber dem Beginn der 1980er Jahre dürfte der Verlust sogar mehr als 80 % betragen. Der Rückgang fällt beim Bluthänfling mit etwa 50 % etwas geringer aus, ist aber nicht weniger alarmierend. Der Wiesenpieper hat seit den 1990er Jahren insbesondere in Westfalen große Regionen seines ehemals weiträumigen Brutareals aufgegeben. Zeigen die Erhebungen für die Goldammer einen nur leichten Rückgang seit 1994, so stellt sich die Situation bei der Feldlerche dramatisch dar: Allein seit 2002 ist ein Rückgang um 11 % zu verzeichnen; gegenüber den 1980er Jahren dürfte der Bestandsverlust etwa 80 % betragen. Vor allem die intensive landwirtschaftliche Nutzung macht den Vögeln zu schaffen. So hat sich die Anbaufläche für Mais, der sowohl als Tierfutter als auch zur Energiegewinnung genutzt wird, in Deutschland im gleichen Zeitraum etwa vervierfacht. Die negativen Auswirkungen des Maisanbaus auf die Vogelartenvielfalt sind wissenschaftlich belegt. Großflächige Untersuchungen des Julius-Kühn-Instituts für Nutzpflanzenforschung zeigten, dass Mais die am meisten gemiedene Kultur für Feldlerchen, Grauammern, Heidelerchen und Wachteln ist. Auch Braunkehlchen und Fasane schlagen einen großen Bogen um Maisfelder.

In Europa sterben die Vögel in Massen weg

Anfang der 60er-Jahre schrieb Rachel Carson ihr berühmtestes Buch: "Silent Spring", der "Stumme Frühling". Die Biologin beschreibt hier am Beispiel einer fiktiven Kleinstadt, was passieren würde, wenn Tiere und Pflanzen sterben würden. Nun veröffentlichen Forscher verschiedener Forschungseinrichtungen einen Bericht, der sich mit dem Sterben der Vögel in Europa beschäftigt. Sofort fühlt man sich an "Silent Spring" erinnert. Die Wissenschaftler haben den Rückgang der Vogelbestände in den vergangenen 30 Jahren untersucht. In den "Ecology Letters" berichten sie, dass vor allem die Populationen der 36 häufigsten Vogelarten, etwa Spatzen, Feldlärchen, Stare und auch Rebhühner, drastisch an Größe verlieren. Die Wissenschaftler hatten alle verfügbaren Studien über 144 europäische Vogelarten in 25 Ländern ausgewertet. Datensätze, die von professionellen Ornithologen, aber auch von Hobby-Vogelkundlern zur Verfügung gestellt wurden, waren darunter. Die Ökosysteme haben sich in den vergangenen Jahrzehnten massiv verändert, viele Arten finden keine Nistplätze mehr oder nicht genügend Nahrung. Auch der Einsatz von Pestiziden schadet Vögeln – entweder direkt, weil sie die Gifte selbst aufnehmen, oder indirekt, weil Vogelfutter wie Insekten und andere Wirbellose durch die Pflanzenschutzmittel getötet wird.

Hausssperling Sieger im Sinkflug

Fast 3.000 Bürgerinnen und Bürger beteiligten sich in Thüringen an der bundesweiten Vogelzählung zur „Stunde der Wintervögel“. Insgesamt wurden am Aktionswochenende mehr als 73.000 Vögel aus über 1.700 Thüringer Gärten gemeldet. Als häufigster Wintervogel in Thüringens Gärten wurde, wie auch schon im Vorjahr, der Haussperling gesichtet. Auf den Plätzen zwei bis fünf folgen Kohlmeise, Feldsperling, Blaumeise und Amsel. Diese Platzierung entspricht auch den bundesweiten Ergebnissen. „Dass der Haussperling auch in diesem Jahr wieder auf Platz eins liegt, darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass seine Bestände gravierend zurückgehen“, erklärt Klaus Lieder, der Sprecher des Landesfachausschusses für Ornithologie im NABU Thüringen. Diese Erkenntnis deckt sich auch mit den Ergebnissen der Aktion aus den letzten fünf Jahren. Hier ist ein deutlicher Abwärtstrend zu verzeichnen. „2010 lag die durchschnittliche Anzahl der gezählten Haussperlinge in Thüringen noch bei 9,55 Vögel pro Garten, in diesem Jahr sind es nur noch 7,63“, analysiert Lieder. Zu dem selben traurigen Schluss kommen die Ergebnisse einer Studie der Universität Exeter aus Großbritanien. Laut dieser hat der Bestand des Haussperling von 1980 bis 2009 um 61 % abgenommen.

WWF-Report: Intensiv-Landwirtschaft verschuldet dramatischen Artenschwund in Deutschland / Rebhuhn, Singvögel und Schmetterlinge sind die großen Verlierer

Die Intensivierung der Landwirtschaft in Deutschland und Europa ist eine Hauptursache für den teils dramatischen Verlust von Tier- und Pflanzenarten. Diese Intensivierung beinhaltet unter anderem hohe Stickstofffrachten und Pestizideinsätze, die sich für viele Organismen negativ auswirken. Davor warnt die Naturschutzorganisation WWF anlässlich des Starts der „Internationalen Grünen Woche“ in Berlin auf Basis einer auszugsweisen Vorabveröffentlichung einer Grundlagenstudie für ein Pilotprojekt zu Artenvielfalt und Landwirtschaft. So gelten beispielsweise die Vögel der Agrarlandschaft als überdurchschnittlich stark gefährdet: 45 Prozent befinden sich auf der Roten Liste. Selbst die Populationen vermeintlich häufiger Arten wie Star und Feldsperling sind um rund die Hälfte zurückgegangen. Zusätzlich hat die Universität Göttingen herausgefunden, dass die große Mehrzahl der ehemals für Grün- und Ackerland typischen Pflanzen in den vergangenen Jahrzehnten um bis zu 95 Prozent abgenommen hat.

Habicht immer seltener

Der Habicht-Bestand im Meißner Land bleibt nach Beobachtungen von Vogelkundlern auf drei Brutpaare beschränkt. Sachsenweit sind es aktuell 650 bis 800 Paare. Der Fachgruppe Ornithologie Meißen zufolge sind für die Seltenheit des Greifvogels mehrere Ursachen verantwortlich. Obwohl seit den 70er Jahren streng geschützt, würden Habichte weiterhin illegal geschossen oder in Fallen gefangen. Ein weiterer Grund für die Gefährdung des Greifvogels ist der Rückgang einiger seiner wichtigsten Beutetiere wie Feldhase, Fasan oder Rebhuhn. Deshalb jagt der Habicht (Accipiter gentilis) Zuchttauben oder Rassegeflügel.

Randolf Menzel - Wie Pestizide (Neonicotinoide) die Navigation, die Tanz-Kommunikation und das Lernverhalten von Bienen verändern

Wir verwenden ein spezielles Radargerät, um den Flug von einzelnen Bienen über Kilometer zu verfolgen. Das Design der Versuche zum Studium ihrer Navigationsleistungen besteht darin, Bienen nach einer Dressur auf einer Futterstelle oder nach dem Verfolgen einer Tänzerin am Stockausgang mit einem Transponder auszustatten und an einer anderen Stelle innerhalb ihres explorierten Areals freizulassen. Sie führen dann zuerst einen Vektorflug durch, der sie entweder zum Stock zurück gebracht hätte (wären sie nicht versetzt worden) oder zu der im Tanz angegebenen Futterstelle. Danach führen sie einen Suchflug durch, von dem sie auf direktem Flug zum Stock zurückkehren. Die Experimente sind so angelegt, dass die Bienen sich dabei nicht nach einem Horizontprofil oder einer Landmarke in der Nähe des Stockes, sondern ausschließlich nach der Bodenstruktur orientieren können. Wir weisen nach, dass das Navigationsgedächtnis der Bienen am besten als eine kognitive Karte beschrieben werden kann. Subletale Dosen von Neonicotinoiden stören selektiv die Heimflugphase, die auf der Verwendung dieses kartenartigen Gedächtnisses beruht, sodass die Tiere dann nicht mehr sicher zum Stock zurückfinden. Eine chronische Aufnahme von Thiacloprid reduziert die Sammelaktivität und die Tanzkommunikation.

Heftiger Artenschwund in Europas Gewässern

Die EU-Kommission meldet "alarmierende Verlustzahlen" für Tier- und Pflanzenarten in Europa. Besonders schlecht steht es demnach um die Süßwasserfische sowie Schnecken, Muscheln und andere Weichtiere. Die Zahlen zeigten, "dass die europäischen Süßwasserökosysteme in der Tat ernsthaft bedroht sind und dringend Erhaltungsmaßnahmen erforderlich sind", warnte Annabelle Cuttelod von der Weltnaturschutzunion (IUCN), die jährlich die Rote Liste der gefährdeten Arten veröffentlicht. Für die europäische Ausgabe wurde den Angaben zufolge mit rund 6000 Arten ein "erheblicher Teil" der in Europa heimischen Fauna und Flora untersucht.In der Roten Liste sind 37 Prozent der Süßwasserfische als "gefährdet", "stark gefährdet" oder "vom Aussterben bedroht" eingestuft. Bei den in Flüssen und Seen lebenden Weichtieren sind es sogar 44 Prozent. Besonders stark betroffen ist beispielsweise der Stör: Sieben der acht europäischen Arten sind demnach "stark gefährdet". Des Weiteren gelten 23 Prozent der Amphibien und 19 Prozent der Reptilien als gefährdet. Jede fünfte an Land lebende Weichtierart ist den Daten zufolge bedroht, ebenso 15 Prozent der Säugetierarten und 13 Prozent der Vögel. Rund 26 Prozent der Gefäßpflanzen - das sind alle Pflanzen außer den Moosen - werden auf der aktuellen Roten Liste ebenfalls als bedroht eingestuft.