Deutsch

Deutsch

Immer mehr Vogelarten sind gefährdet: Von rund 260 Brutvögelarten in Deutschland sind inzwischen 30 vom Aussterben bedroht

Das Vogelsterben in Deutschland schreitet offenbar weiter voran. Wie die „Saarbrücker Zeitung“ berichtet, rechnet die Bundesregierung damit, dass insbesondere auf dem Land der Bestand der Brutvögelarten durch die starke Agrarwirtschaft weiter sinken wird. Das geht aus eine Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen hervor, die der Zeitung vorliegt. Demnach sind von rund 260 Brutvögelarten in Deutschland inzwischen 30 vom Aussterben bedroht, darunter verschiedene Schwalbenarten, das Auerhuhn (Tetrao urogallus) oder die Uferschnepfe (Limosa limosa). Weitere 24 Arten wie das Rebhuhn (Perdix perdix) gelten als „stark gefährdet“, 14 wie der Baumfalke (Falco subbuteo) oder die Turteltaube (Streptopelia turtur) als „gefährdet“. Eine der wichtigsten Ursachen „für den Rückgang der Artenvielfalt“, so die Regierung, sei „die intensive landwirtschaftliche Nutzung“. Die Zahl der Vögel, die auf Äckern, Wiesen und Weiden brüte, werde daher weiter „im Bestand zurückggehen“.

Die Fledermaus-Bestände sind in den letzten 50 Jahren teilweise dramatisch zurück gegangen

21 Fledermausarten kommen in Baden-Württemberg vor, für 20 Arten gibt es auch Fortpflanzungsnachweise in Südwestdeutschland. In Wohngebieten sind vor allem die kleine Zwerg- und die viel größere Breitflügelfledermaus anzutreffen. Dort leben sie meist unbemerkt in Zwischendächern oder hinter Fassadenverkleidungen. Die Fledermaus-Bestände sind in den letzten 50 Jahren teilweise dramatisch zurück gegangen. Die Tiere haben kaum natürliche Feinde - dafür leiden sie umso mehr unter menschlichen Aktivitäten. Die intensive Landwirtschaft führt durch den massiven Insektizid- und Herbizideinsatz zu einem Rückgang der Insekten, der Nahrung der Fledermäuse. Fledermäuse sind auf naturnahe Wälder mit alten höhlenreichen Bäumen angewiesen. Auch hier gibt es Defizite, wobei naturnahe Waldbaukonzepte und Prozessschutzwälder in die richtige Richtung weisen. Weitere Rückgangsursache ist auch die direkte Vergiftung: Vergiftete Insekten oder mit Holzschutzmitteln behandeltes Holz mindern Lebenserwartung und Vermehrungsrate der Fledermäuse.

Das Bienensterben könnte noch dramatischer werden. Experten der EU bestätigten jetzt, dass Pestizide dafür verantwortlich sind.

Es ist lange bekannt, dass bestimmte Pestizide schädlich für den Bestand von Honigbienen sein können. Dennoch tun sich Politiker schwer damit, die Chemikalien zur Schädlingsbekämpfung gänzlich zu verbieten. Nun melden sich Wissenschaftler in der Europäischen Union zu Wort. Sie bestätigen, dass der Einsatz bestimmter Gifte für das Bienensterben verantwortlich ist. Es gebe starke Beweise für die negativen Auswirkungen auf andere Organismen durch Neonicotinoid-Insektizide, heißt es in einer am Mittwoch veröffentlichten Studie des EU-Wissenschafsnetzwerks Easac. In dem Bericht werden die Befunde einer Expertengruppe von 13 Forschern zusammengefasst. Das Netzwerk berät Entscheidungsträger in der EU. Die EU-Kommission überprüft bis Dezember die vor zwei Jahren verhängten Beschränkungen für die Pflanzenschutzmittel, die überwiegend von Bayer aus Leverkusen und Syngenta aus der Schweiz produziert werden. Die Mittel werden in mehr als 120 Ländern eingesetzt. Dem Bericht der Wissenschaftler zufolge sind vom Einsatz der Insektizide nicht nur Honigbienen, sondern auch Motten und Schmetterlinge betroffen, die ebenfalls Pflanzen bestäuben. Auch auf insektenfressende Vögel hätten die Pestizide Auswirkungen. Der Studie zufolge drohe durch Pestizideinsatz ein "Bestäubungs-Defizit" - da immer mehr Nutzpflanzen angebaut werden, die in ihrer Entwicklung auf die Bestäubung der Bienen angewiesen sind.

NABU bedauert Artenrückgang

Der Vorsitzende der NABU Ortsgruppe Lixfeld, Erich Sänger, berichtete vom Rückgang einiger Tierarten im heimischen Raum und auch vom gänzlichen Verschwinden anderer. Rückgängig sind Milchschwalben, Habicht, Stieglitz, Grünfink, Wacholderdrossel, Hausrotschwanz, Bachstelze, Neuntöter, Feldsperling, um nur einige zu nennen. Grund dafür könnte der starke Rückgang von Insekten sein, erklärte Sänger. Was sich dagegen stark vermehrt hat, sind Signalkrebse - als Allesfresser bekannt und auch Schädlinge.

Wissenschaftler warnen vor einem europaweiten Rückgang von blütenbestäubenden Insekten

Droht Europa ein massiver Arbeitskräftemangel? Welche Folgen könnte der haben? Und was lässt sich dagegen tun? Mit solchen Fragen beschäftigen sich Ökologen normalerweise selten. Es sei denn, die besagten Arbeitskräfte sind mit Flügeln und sechs Beinen ausgerüstet. Im Rahmen eines EU-Projekts namens STEP (Status and Trends of European Pollinators) haben mehr als 120 Biologen aus 17 europäischen Ländern die Probleme von blütenbestäubenden Insekten untersucht. Schließlich sind viele europäische Wild- und Kulturgewächse auf diese fliegenden Dienstleister angewiesen, der boomende Anbau von Raps und anderen Energiepflanzen kurbelt die Nachfrage nach summender Unterstützung sogar immer weiter an. Gleichzeitig aber scheinen die Bestände etlicher Bestäuber deutlich geschrumpft zu sein. Grund genug für die STEP-Mitarbeiter, diese Entwicklungen einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Die Bilanz nach fünf Jahren Forschungsarbeit fällt durchwachsen aus: Es gibt zwar durchaus gute Nachrichten aus der Bestäuberwelt. Aber auch viele Besorgnis erregende.

Lurche in der Giftfalle

Eine Untersuchung des Instituts für Umweltwissenschaften der Universität Koblenz-Landau und des Leibniz-Zentrums für Agrarlandschaftsforschung in Müncheberg zeigt, dass sich die Wanderzeiten von Moorfrosch, Knoblauchkröte, Gelbbauchunke und Kammmolch mit den Perioden überschneiden, in denen Pestizide verspritzt werden. Zwei Jahre hatten Patrick Lenhardt, Carsten Brühl und Gert Berger 100 Anbauflächen und 330 Pestizideinsätze 50 Kilometer östlich von Berlin in den Blick genommen. Die Forscher fingen und zählten die wandernden Amphibien und glichen deren Wandermonate von Februar bis Mai mit den Pestizid-Ausfahrten der Bauern ab. Um abzuschätzen, wie viel Spritzmittel der Boden und damit die wandernden Amphibien wegstecken müssen, griffen die Umweltwissenschaftler auf Datensätze zurück, die dokumentieren, wie durchlässig das Blätterdach verschiedener Feldfrüchte in ihrer jeweiligen Wachstumsphase ist. Es zeigte sich, dass die Spritzmittel den Lurchen weniger ausmachen, wenn der Mais oder andere Nutzpflanzen schon hoch stehen, weil die Blätter der Feldfrüchte das meiste abfangen. Pestizide aber, die zuvor ausgebracht werden, treffen die Tiere mitunter voll, schreiben die Experten im Fachblatt Basic & Applied Ecology.

Auswirkungen der Intensiv-Landwirtschaft in Deutschland und Europa

In Deutschland werden über 50 Prozent der Fläche durch die Agrarwirtschaft genutzt. Viele Tiere und Pflanzen sind auf diese Flächen als Lebensraum angewiesen. Aufgrund der Intensivierung der Agrarnutzung gilt eine Vielzahl von ihnen mittlerweile als gefährdet, darunter ehemals verbreitete Arten wie Feldhase, Kiebitz oder Acker-Rittersporn. Derzeit befinden sich 45 Prozent der Agrarvogelarten auf der Roten Liste und über 30 Prozent auf der Vorwarnliste. Besonders dramatisch ist der Einbruch beim Bestand der Rebhühner. Laut Daten des European Bird Census Council ist deren Vorkommen in Europa zwischen 1980 und 2010 von 13,4 Millionen auf nur noch 800.000 Exemplare zurückgegangen (minus 90 Prozent). Ähnlich dramatische Einbußen verzeichnen demnach unter anderem die Populationen von Ortolan (minus 87 Prozent) und Braunkehlchen (minus 71 Prozent). Eine weitere Artengruppe, die europaweit stark negative Trends aufweist, sind Tagfalter, die in Grünlandlebensräumen vorkommen. Dazu zählen Arten wie der Hauhechelbläuling oder das Große Ochsenauge. Der europäische Trendindikator für 17 ausgewählte Arten zeigt gegenüber dem Referenzwert von 1990 einen Rückgang um fast 50 Prozent. Zu den typischen Arten in Agrarlandschaften zählt die Rotbauchunke, die innerhalb Deutschlands einen Verbreitungsschwerpunkt in Mecklenburg-Vorpommern hat. Laut der Roten Liste Deutschland wird die Rotbauchunke als "stark gefährdet" eingestuft.

Insekten sind europaweit auf dem Rückzug. Diese Entwicklung kann teuer werden

Sich ein realistisches Bild vom Zustand der Insektenwelt zu verschaffen, erfordert einigen Aufwand und jahrelange Forschungsarbeit. Es gilt, die Trends der Bestandsentwicklung über möglichst große Gebiete und lange Zeiträume zu verfolgen. Zu den wenigen Insektengruppen, bei denen das bisher gelungen ist, gehören die Tagfalter. Daher haben Josef Settele und seine Kollegen vom UFZ im Jahr 2005 ein Mitmachprojekt gestartet, bei dem sich jeder Interessierte als Schmetterlings-Volkszähler betätigen kann. Im Rahmen des "Tagfalter-Monitoring Deutschland" gehen bundesweit mittlerweile rund 500 Freiwillige regelmäßig auf Schmetterlingssuche. Jeder Falter-Fahnder wählt dazu mit fachkundiger Unterstützung eine geeignete Strecke in der Nähe seines Wohnortes aus, die je nach Landschaft idealerweise zwischen 200 Meter und einem Kilometer lang ist. Dieses sogenannte Transekt läuft er dann einmal pro Woche ab und zählt die unterwegs entdeckten Schmetterlinge. "So können wir viel mehr Informationen gewinnen, als wenn wir uns nur auf unsere eigenen Erhebungen stützen würden", sagt der Forscher. Etliche Informationen aus diesem Projekt sind nun in eine europäische Bestandsaufnahme eingeflossen, die sich speziell auf die Tagfalter der Wiesen und Weiden konzentriert. Zu diesem "European Butterfly Grassland Indicator" haben Beobachter-Netzwerke aus insgesamt 19 europäischen Ländern ihre Daten der Jahre 1990 bis 2011 beigesteuert. Daraus ließ sich die Bestandsentwicklung von 17 ausgewählten Grünland-Arten berechnen. Die Ergebnisse hat die Europäische Umweltagentur EEA Ende Juli veröffentlicht.
Der Bericht zeichnet einen klaren Negativ-Trend: Von den 17 untersuchten Arten sind seit 1990 acht zurückgegangen, im Durchschnitt sind die Bestände in den letzten 20 Jahren fast um die Hälfte geschrumpft.

Pestizide: Erst sterben die Insekten – dann die Vögel

Paul Nothers ist diplomierter Landwirt, passionierter Jäger – und liebt die Natur. Als er vor mehr als 50 Jahren auf den Hof seiner Familie in Orbroich zog, war die Welt noch in Ordnung. „Insekten überall, Wild, Hasen, Rebhühner und Fasane im Überfluss“, erinnert er sich. Singvögel hörte und sah er ständig. Und wenn er eine längere Fahrt im Auto unternahm, musste er danach seine Windschutzscheibe von Insekten säubern. Das ist lange her. Heutzutage gibt es eine Fülle von heimischen Tierarten, die laut Bericht des Bundesumweltministeriums kurz vor dem Aussterben stehen. Für den 82-Jährigen ein triftiger Grund, in seiner Dankesrede zur Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an die Gäste aus Verwaltung, Politik, Natur- und Umweltschutz in Krefeld einen dringenden Appell zu richten. Deutschland stehe vor einer ähnlichen Öko-Katastrophe wie die USA in den 60er Jahren, als neue Pestizide auf DDT-Basis und Herbizide wie Agent Orange auf den Markt kamen. Viele dieser tödlichen Gifte sind in den vergangenen Jahrzehnten verboten worden. Neue dafür nachgerückt. Beispielsweise die Neonikotinoide, eine neue Generation von Insektiziden. „Die sich anbahnende Katastrophe ist viel gefährlicher“, warnt Nothers. Man sehe nicht mehr massenweise tote Vögel, weil sie sang- und klanglos verschwinden. Auch die Insekten verschwinden und mit ihnen der Anfang der Nahrungskette. In der Folge sterben die Amphibien. Wespen, Heimchen und Schmetterlinge gehen stark zurück. „Wann haben Sie zuletzt mal ein Glühwürmchen gesehen?“, fragt er suchend in die Runde.

Bestandsrückgang der Lachmöwe im Nationalpark „Vorpommersche Boddenlandschaft“

Die Lachmöwe (Chroicocephalus ridibundus, Syn. Larus ridibundus) ist eine der bekanntesten Bewohner unserer Küste und kann leicht am Strand beobachtet werden. Doch der Schein trügt: Kaum eine andere Vogelart hat einen so deutlichen Bestandsrückgang erlitten. Der Rückgang des Bestandes von Mecklenburg-Vorpommern beträgt in den letzten 20 Jahren über 50 %, so dass sie den Gefährdungsgrad 3 nach Roter Liste erhielt. Auch in den Küstenvogelbrutgebieten des Nationalparks „Vorpommersche Boddenlandschaft“ sind die Bestandsänderungen deutlich sichtbar: Von ehemals 15.000 Brutpaaren im Jahr 1990 konnten 2010 nur noch 1985 Brutpaare beobachtet werden. Die Besiedlung traditioneller Brutgebiete wie z.B. die der Insel Heuwiese ist zudem komplett erloschen. Einzig die Inseln Kirr und Barther Oie werden von den zierlichen Vögeln noch besiedelt. Der starke Rückgang sowohl im Binnenland als auch an der Küste wird durch eine Vielzahl von Faktoren bedingt. Als eine Ursache werden die Veränderungen der Landwirtschaft und der Küstenfischerei und der damit einhergehende Mangel an Jungvogelnahrung angesehen.