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Mais-, Raps- und Sonnenblumensaat, die mit bestimmten neonikotinoiden Pflanzenschutzmitteln gebeizt ist, könnte noch in diesem Frühjahr EU-weit verboten werden

Die Europäische Kommission will heute (31.01.2013) mit den Mitgliedstaaten konkrete Schritte zum Schutz von Bienen besprechen - und zumindest die Einschränkung des Gebrauchs der umstrittenen Wirkstoffe dürfte in den nächsten Wochen kommen. Eine Entscheidung soll es allerdings noch nicht geben. Man wolle zunächst die Reaktionen der Mitgliedstaaten einfangen, heißt es. EU-Gesundheitskommissar Tonio Borg schloss gegenüber den EU-Agrarministern in Brüssel ein Totalverbot über alle Anwendungsbereiche hinweg aus. Er kündigte ehrgeizige, aber verhältnismäßige Maßnahmen an. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) war Mitte Januar zum Schluss gekommen, dass Neonikotinoide aus Sicht des Bienenschutzes vor allem in Mais-, Raps- und Sonnenblumenbeständen kritisch zu betrachten sind, in anderen Kulturen wie Zuckerrüben oder Kartoffeln hingegen nicht.

"Wir laufen Gefahr, den 1962 von Rachel Carson vorhergesagten 'stummen Frühling' tatsächlich zu erleben", warnt NABU-Präsident Olaf Tschimpke

Mit einer neuen Studie hat der NABU auf die alarmierende Situation bei Deutschlands Feldvögeln aufmerksam gemacht. "Den Vogelarten der Agrarlandschaften geht es so schlecht wie nie zuvor, einige sind mittlerweile in Deutschland unmittelbar vom Aussterben bedroht", sagte NABU-Präsident Olaf Tschimpke. Umfangreiche Auswertungen des NABU zur aktuellen Bestandssituation und den Rückgangsursachen zeigen, dass ehemalige "Allerweltsarten" wie Kiebitz (Vanellus vanellus), Rebhuhn (Perdix perdix) und Feldlerche (Alauda arvensis)bundesweit erschreckende Rückgänge aufweisen. So ist seit Anfang der 1990er Jahre die Zahl brütender Kiebitze in Deutschland auf etwa ein Viertel gesunken, während die Bestände des Rebhuhns bereits seit den 1970er Jahren auf ein Bruchteil des ursprünglichen Umfangs geschrumpft sind. Neueste Daten (Beilage) belegen, dass seit 2008 die Bestände von 26 der 30 Feldvogelarten abnehmen. Für Wachtel (Coturnix coturnix), Neuntöter (Lanius collurio) und Grauammer (Emberiza calandra, Syn. Miliaria calandra) bedeuten diese Rückgänge das Ende einer stabilen oder gar positiven Entwicklung. "Wer in unseren Landschaften unterwegs ist, erkennt den rasanten Wandel: Wo bis vor kurzem Wiesen und Weiden das Auge erfreuten und vielen Tier- und Pflanzenarten Lebensraum boten, stehen heute monotone Maisäcker. Wir laufen Gefahr, den 1962 von Rachel Carson vorhergesagten 'stummen Frühling' tatsächlich zu erleben", warnte Tschimpke.

Bundesregierung für europäische Entscheidung über Pestizid-Einsatz

Nach einem Bericht über die Gefahren von Pestiziden für Bienen fordert die Bundesregierung eine gemeinsame EU-Entscheidung über den Einsatz der Chemikalien in der Landwirtschaft. "Ich denke, das Entscheidende ist, dass wir das in Europa gemeinsam entscheiden und auf wissenschaftlicher Basis", sagte Robert Kloos, Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium, am Montag am Rande von EU-Beratungen in Brüssel. Dabei könne der Umgang mit den Stoffen in Deutschland "eine bedeutende Rolle spielen, weil wir schon weitergehende Schritte unternommen haben". Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hatte in der vorletzten Woche vor den Gefahren für Bienen durch Insektizide gewarnt. Eine Untersuchung der drei Mittel Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam habe "etliche Risiken" für Bienen gezeigt. Die Chemikalien gehören zu der Gruppe der hochwirksamen, aber umstrittenen Neonicotinoide, die seit längerer Zeit mit Vergiftungen und dem Massensterben von Bienen in Verbindung gebracht werden. Die EU-Kommission bezeichnete die Studie trotz noch lückenhafter Datenlage als "beunruhigend". Als Reaktion auf die Studie setzten die EU-Agrarminister das Thema auf die Tagesordnung ihres Treffens am Montag in Brüssel. Ein Expertengremium befasst sich am Donnerstag mit der Studie. Ziel sei es, so schnell wie möglich eine gemeinsame Entscheidung über den Einsatz der Neonicotinoide zu treffen, sagte Kloos. "Und dafür brauchen wir weitere wissenschaftliche Grundlagen in Europa."

GLOBAL 2000 wird die Nichtbeachtung ihrer Umweltbeschwerde durch die BH Korneuburg nicht hinnehmen

Mehr als ein Monat, nachdem GLOBAL 2000 die Bezirkshauptmannschaft Korneuburg im Rahmen einer “Umweltbeschwerde” dazu aufgefordert hat, effektive und zielführende Maßnahmen zur Sanierung der Pestizidkontamination des Korneuburger Beckens zu ergreifen, lässt eine Reaktion der zuständigen Bezirksbehörde noch immer auf sich warten. “Mit ihrem Versuch, die von uns eingebrachte Umweltbeschwerde einfach zu ignorieren, prolongiert die BH ihre defensive und unkooperative Haltung, die sie seit der Aufdeckung des Grundwasserskandals durch GLOBAL 2000 gegenüber der Umweltorganisation einnimmt”, bedauert GLOBAL 2000 - Umweltchemiker Helmut Burtscher: “Dabei ist es ja die Behörde, die behauptet, erst durch die Untersuchungsergebnisse von GLOBAL 2000 auf das wahre Ausmaß der Grundwasserkontamination aufmerksam geworden zu sein. Dieses Wissen ist aber die Grundvoraussetzung für jedes Sanierungskonzept. Umso verwunderlicher ist daher das seitherige Fehlen jeder Kooperationsbereitschaft dieser Behörde.” Wie wichtig die durch die Umweltbeschwerde angestrebte Parteistellung von GLOBAL 2000 für das laufende Sanierungsverfahren tatsächlich wäre, machen die zuletzt von der BH vorgelegten Sanierungspläne deutlich: Die vom Sanierungsexperten Prof. Wruss vorgeschlagenen Maßnahmen sehen nämlich vor, dass für rund 75 Prozent der gesamten kontaminierten Fläche das Abpumpen und ungefilterte Einleiten des pestizidbelasteten Grundwassers in die Donau offenbar die einzige vorgesehene “Sanierungsmaßnahme” darstellt. Reinigungsmaßnahmen hingegen scheinen derzeit nur am bzw. rund um das Firmengelände des Pestizidherstellers Kwizda, sowie an einem Kontaminationshotspot auf Höhe des Badeteichs Bisamberg vorgesehen zu sein. Das geht aus der von der BH veröffentlichten “schematischen Darstellung der Sanierung” hervor. “Das ist keine Sanierung, das ist eine behördlich angeordnete Verlagerung des Pestizidproblems vom Grundwasser hin in die Donau. Die BH hat einen untauglichen und kontraproduktiven Sanierungsplan vorgelegt”, hält Burtscher fest.

Die EU-Landwirtschaftsminister haben sich bei ihrem Treffen am 28. Januar in Brüssel nicht darauf einigen können, die sogenannten Neonikotinoide zu verbieten

Diese sind nach wissenschaftlichen Erkenntnissen mit verantwortlich für das Sterben ganzer Bienenvölker. Die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA forderte deshalb, diese hochgiftigen Pflanzenschutzmittel, mit denen Saatgut gebeizt wird, zu verbieten. Zwar wirken die Neonikotinoide laut EFSA-Studie nicht unmittelbar tödlich auf die Bienen. Aber diese verlören ihren Orientierungssinn und fänden nicht zurück in den Bienenstock. Auch Abgeordnete des Europäischen Parlaments sprachen sich für ein Verbot der Pestizide aus. Der zuständige EU-Kommissar Tonio Borg hält trotz der beunruhigenden Schlussfolgerungen der EFSA-Studie weitere wissenschaftliche Untersuchungen für notwendig. Am 31. Januar beraten Experten weiter über mögliche Maßnahmen zum Schutz der Bienen.

EU-Kommission will Neonicotinoide einschränken - Ein Verbot für Raps und Mais wird nicht mehr ausgeschlossen

Thema beim Treffen der EU-Agrarminister waren auch die Risiken von Pflanzenschutzmittel auf Basis von Neonicotinoiden für Bienen. Demnach lehnt die EU-Kommission ein komplettes Verbot dieser Insektizide ab. Sie denkt dagegen an Einschränkungen für bestimmte Kulturen. Angemessene Reaktionen kündigte Borg im Agrarrat am Montag an. Ihre Vorschläge will die EU-Kommission am kommenden Donnerstag dem Ausschuss für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit vorlegen. Borg schließt ein Totalverbot von Neonicotinoiden aus. Wahrscheinlich sind dagegen Einschränkungen für Kulturen, die von Bienen besonders genutzt werden. Ein Verbot für Raps und Mais wird nicht mehr ausgeschlossen. Die Europäische Lebensmittelbehörde (EFSA) hatte Mitte Jänner vor Risiken für Bienen gewarnt. Allerdings hat auch die EFSA zwischen den Kulturen unterschieden. Über Zuckerrüben werde das Insektizid nicht verbreitet, heißt es im EFSA-Bericht. Die Niederlande forderten im EU-Agrarrat Maßnahmen von der EU-Kommission und wurden dabei von Österreich, Deutschland, Frankreich, Polen und Tschechien unterstützt. Das Vereinigte Königreich verlangt dagegen weitere Untersuchungen. Spanien und Ungarn sind gegen Verbote. Zahlreiche Agrarverbände befürchten hohe Verluste, wenn Saatgut nicht mehr mit Neonicotinoiden behandelt werden darf.

Gefahr durch Pestizide für Frösche weitgehend unterschätzt

Aktuelle Untersuchung an sieben zugelassenen Mitteln zeigt bei Grasfröschen Sterblichkeitsraten von 20 bis 100 Prozent.
Der Kontakt mit Pflanzenschutzmitteln kann für Frösche tödlich sein - wie gefährlich die Gifte teilweise für die Amphibien sind, wurde bisher aber offenbar unterschätzt. Eine aktuelle deutsche Studie hat nun aufgedeckt, dass schon der Einsatz der empfohlenen Produktmenge bei Grasfröschen (Rana temporaria) zu Sterblichkeitsraten von 20 bis 100 Prozent führt. Die Gefahr besteht für alle sieben getesteten Mittel - ob Fungizid, Herbizid oder Insektizid. Zugelassen sind sie trotzdem, da das entsprechende Verfahren bislang mögliche Auswirkungen auf Amphibien (Lurche) nicht untersucht. "Es ist kaum fassbar, dass es bei Pestiziden, die das aktuell praktizierte Zulassungsverfahren für Pestizide durchlaufen haben, zu direkter Mortalität bei Amphibien kommt", sagt Carsten Brühl, Leiter der Studie des Instituts für Umweltwissenschaften an der Universität Koblenz-Landau. "Unsere Laborversuche zeigen eine derartige Wirkung auf an Land lebende Entwicklungsstadien der Tiere. Dieser in der Risikobewertung bislang nicht berücksichtigte Effekt sollte in den Schutzbemühungen von Frosch- und Krötenpopulationen Berücksichtigung finden."

Niederländisches Parlament fordert Moratorium für bienengefährliche Beizmittel

Das niederländische Parlament hat gestern ein europäisches Moratorium für bienengefährliche Beizmittel, sogenannte Neonicotinoide, gefordert. Aufgrund des Zwischenberichts der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) fordert das Parlament die niederländische Regierung auf, auf ein europäisches Moratorium für alle Anwendungen von Neonicotinoiden hinzuarbeiten, es sei denn, dass schlüssig bewiesen wird, dass diese keine schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit der Bienen haben. Eine Studie im Auftrag des europäischen Parlaments hat die Gefährlichkeit für Bienen bestätigt. Die EFSA kam vergangene Woche zu dem Schluss, dass die Verwendung dieser Mittel nur bei Pflanzen, die für Bienen uninteressant seien, akzeptabel ist. Die Grünen haben bereits Anfang 2011 einen Antrag für ein Verbot der bienengefährlichen Beizmittel im österreichischen Parlament eingebracht. "Die Faktenlage ist klar, die WissenschaftlerInnen sind sich einig, diese Stoffe gehören verboten. Ich rechne damit, dass sich auch die anderen Parteien unserer Sicht anschließen und wir umgehend gemeinsam den Bienenschutz im österreichischen Parlament beschließen können. Es besteht kein Grund auf ein europäisches Moratorium zu warten, wenn wir sofort mit dem Bienenschutz in Österreich beginnen können", erklärt Wolfgang Pirklhuber, Landwirtschaftssprecher der Grünen.

Koos Biesmeijer (Naturalis Biodiversity Center im niederländischen Leiden): kleinste Mengen von Imidacloprid machen Bienenbrut anfälliger für Krankheiten

Imker und Naturschützer laufen seit Jahren Sturm gegen die Neonicotinoide, für sie sind die Wirkstoffe mit den Namen Clothianidin, Imidacloprid und Thiametoxam Bienenkiller. Die Kritiker bekommen jetzt Rückenwind von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA. Die Pestizidgruppe bei der EFSA hat im Auftrag der EU-Kommission sämtliche Studien gesichtet, die sich mit Anwendungen der Neonicotinoide befassen, sagt ihr Leiter Herman Fontier.
"Mit wenigen Ausnahmen haben wir bei allen in der Europäischen Union zugelassenen Anwendungen dieser Mittel für wenigstens einen Bereich ein Risiko für Bienen bestätigt oder konnten es zumindest nicht ausschließen. Bei einigen Anwendungen und Pflanzenarten ist die Datenlage allerdings zu dünn, um das Risiko verlässlich einschätzen zu können. Das ist vor allem bei den Guttationstropfen der Fall." Dass die EFSA-Forscher bei den Neonicotinoiden Risiken für Bienen gefunden haben, zeige, so Professor Koos Biesmeijer vom Naturalis Biodiversity Center im niederländischen Leiden, dass die Risikoabschätzung bei der Zulassung der Mittel nicht ausreicht.

Das Bundesamt für Landwirtschaft schliesst nicht aus, dass die Anwendung der Insektizide eingeschränkt werden könnte

In der Schweiz war der Bundesrat in einem Bericht von vergangenem Oktober zum Schluss gekommen, dass es nicht nötig sei, Insektizide wie Clothianidin zum Schutz der Bienen zu verbieten (Beilage). Die relativ geringe Zahl von Bienen-Vergiftungsfällen in der Schweiz deute darauf hin, dass das Bewilligungssystem effektiv sei, heisst es im Bericht. Seit Beginn der Analysen von aussergewöhnlichen Bienenmortalitäten habe kein einziger Fall damit in Verbindung gebracht werden können, dass Saatgut mit Neonicotinoiden behandelt worden sei. Auch habe eine Studie des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW) von 2009 bestätigt, dass die geltenden Auflagen genügten, um die Bienen zu schützen. Das BLW schliesst allerdings nicht aus, dass die Anwendung der Insektizide angesichts neuer Erkenntnisse weiter eingeschränkt werden könnte, wie Vizedirektorin Eva Reinhard auf Anfrage sagte.