Der Verlust an Biodiversität geht schleichend und für viele unmerklich vor sich. Neben den Schmetterlingen u.a. Insekten sind auch die Wirbeltiere vom intensiven Obstbau geschädigt, was am Beispiel der Vogelwelt gut belegbar ist. Es sind zwei Gründe, die zur Ausrottung bestimmter Vogelarten in der Talsohle des intensiven Obstbaus geführt haben. Zum einen ist es der Lebensraumverlust und zum anderen der Spritzmitteleinsatz. Als Beispiele seien zwei früher häufige Arten genannt, die Feldlerche (Alauda arvensis) und der Neuntöter (Lanius collurio). Beide Arten stehen auf der Roten Liste der bedrohten Vogelarten und es sind vor allem die Lebensraumveränderungen, die zu ihrem starken Rückgang (europaweit!) geführt haben. Für beide Arten bietet der Obervinschgau zurzeit noch gute Brutgebiete. In der Heckenlandschaft Hoache/Mals (ca. 100 ha) wurde am 19. Juni 2013 die erstaunliche Zahl von 27 Neuntötern (15 Männchen, 9 Weibchen und einige Jungvögel) gezählt, wobei mehrere Brutpaare beobachtet werden konnten. Dieses Brutgebiet ist bei einer weiteren ungehinderten Ausbreitung des intensiven Obstanbaus ohne ökologische Ausgleichsmaßnahmen in höchstem Maß gefährdet. Dabei ist der Neuntöter nur ein Indikator für viele weitere Tierarten des Gebietes. Die Malser Haide hingegen stellt eines der letzten bedeutenden Brutgebiete für die Feldlerche dar. Auch diese Vogelart kann sich nicht an den Obstbau anpassen. Weitere stark bedrohte Arten sind Schwarzkehlchen (Saxicola rubicola), Wiedehopf (Upupa epops), Wendehals (Jynx torquilla), Goldammer (Emberiza citrinella), Braunkehlchen (Saxicola rubetra), Wachtel (Coturnix coturnix) und Wachtelkönig (Crex crex).
Nun zu einem Beispiel aus der Klasse der Säugetiere, den Fledermäusen. Diese haben in der Natur kaum Feinde. Dennoch ist in Mitteleuropa ein drastischer Rückgang festzustellen, was v.a. am Wirken des Menschen liegt. Im Schludernser Kirchturm lebt eine Fledermauskolonie der seltenen Großen Hufeisennase. Es ist die letzte Kolonie dieser Art in Südtirol. Fragen wir uns, warum gerade hier in Schluderns, am Rande des intensiven Obstbaus, eine solche Kolonie überleben konnte, so finden wir folgende Erklärung: Ihr Überleben wird begünstigt durch die Heckenlandschaften an den Hangfüßen, die hochstämmigen Obstbäume im Ortsbereich und die natürlichen Lebensräume der Schludernser Auen.Diese ökologisch wertvollen Flächen kommen den Ansprüchen der Großen Hufeisennase entgegen. Sie bilden einen Biotopverbund, der die lebensfeindliche Wirkung des intensiven Obstbaus abgemildert und dem schleichenden Biodiversitätsverlust entgegenwirkt. Hier zeigt sich der Wert ökologischer Ausgleichsflächen im Landwirtschaftsgebiet, vernetzt mit intakten Naturlandschaften, in eindrücklicher Weise.
Was kann getan werden?
• Es soll darauf geachtet werden im Landwirtschaftsgebiet möglichst viele Lebensräume (auch kleine) zu erhalten, die zusammen mit extensiv genutzten Flächen und intakten Naturlandschaften ein Biotopverbundsystem schaffen, das vielen Lebewesen eine Möglichkeit zum Überleben bietet und damit auch die natürlichen Regelkreisläufe unterstützt und fördert.
• Ein Landschaftsentwicklungskonzept kann hierfür ein geeignetes Instrument sein.
Quelle: Der Vinschger
Autor: Joachim Winkler, Mals, Herbst 2013
http://www.dervinschger.it/artikel.phtml?id_artikel=20577&seite=1
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