Ilse Aigner und Neonicotinoide: Opposition startet Kleine Anfrage

Ilse Aigner hat Post von den Grünen bekommen: Eine sog. Kleine Anfrage zum Thema Pestizide und Bienen mit dem Schwerpunkt Neonicotinoide. Der Abgeordnete Harald Ebner hat zusammen mit weiteren Kollegen auf sieben Seiten 31 Fragen an die Bundesregierung zur Verwendung der Neonicotinoide gestellt (Beilage). Sie bzw. ihre Antworten sollen einem späteren Antrag zum Verbot der Neonicotinoide dienen. Dabei beziehen sich die Abgeordenten auf eine ganze Reihe wissenschaftlicher Untersuchungen. Antwort der Bundesregierung in der Beilage. Zur Beantwortung erklärt Harald Ebner: "Die Bundesregierung setzt Bienen unnötigen Risiken durch Neonicotinoide aus und lässt Imker im Regen stehen. Weder existieren umfassende Schutzmaßnahmen oder Monitorings, noch werden die Imker ausreichend über den Einsatz von bienengefährlichen Pestiziden informiert. Und statt wie in Frankreich giftige Rapsbeizmittel zu verbieten, lässt Aigner seit Jahren Ausnahmegenehmigungen für Neonicotinoide zu. Unbequeme Forschungsergebnisse hört und liest die Bundesregierung ungern. Anstatt sich mit kritischen Studien auseinanderzusetzen, wischt sie deren Ergebnisse mit nicht nachvollziehbaren Vorwürfen wie methodische Mängel vom Tisch. Pestizidbelastungen, insbesondere durch Neonicotinoide, sind Alarmzeichen, die uns nachdenklich machen müssen. Mit ihrer jetzt erneut bestätigten Ignoranz gegenüber möglichen Risiken von Pestiziden setzt die Bundesregierung in verantwortungsloser Weise die biologische Vielfalt und die Existenz von Hobby- und Berufsimkern aufs Spiel" (Beilage).

Quellen:
Aktion-Hummelschutz.de
http://aktion-hummelschutz.de/ilse-aigner-und-neonicotinoide-opposition…
Greenpeace Magazin, 13. Juli 2012
http://www.greenpeace-magazin.de/index.php?id=55&tx_ttnews%5Btt_news%5D…
Frage 9. Inwieweit sieht die Bundesregierung Bedarf an Langzeitstudien zur Ermittlung der Toxizität von Neonicotinoiden für Bienen vor dem Hintergrund von Forschungsergebnissen (Suchail et al.), wonach durch die wiederholte Belastung mit niedrigen Neonicotinoid-Dosen ein negativer Einfluss auf das Sammelverhalten und das (notwendige) Lernvermögen von Honigbienen festzustellen ist? Inwieweit beabsichtigt die Bundesregierung, entsprechende Studien durchzuführen oder in Auftrag zu geben?
Frage 10. Inwiefern sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit für eine umfassende toxikologische Neubewertung der Wirkstoffklasse der Neonicotinoide vor dem Hintergrund aktueller Forschungsergebnisse (u. a. Tennekes, Suchail et al.), wonach Neonicotinoide in ihrer toxikologischen Wirkung insofern Parallelen zu den Eigenschaften karzinogener Substanzen aufweisen, als dass bei langanhaltender Exposition eine sich summierend verstärkende und irreversible Schädigung (von Nervenzellen durch Blockade der Rezeptoren) betroffener Organismen verursacht wird?
Frage 11. Welche Schlüsse und Konsequenzen bezüglich der Notwendigkeit einer toxikologischen Neubewertung von Neonicotinoiden zieht die Bundesregierung aus den in Frage 10 genannten Forschungsergebnissen, wonach im Falle einer Langzeitexposition bereits die Aufnahme sehr niedriger Dosen bzw. eine auf diese Art kumulierte und dennoch relativ geringe Gesamtwirkstoffmenge von Neonicotinoiden ausreicht, um bei Bienen und anderen Insekten eine chronische Vergiftung bis hin zum Tod hervorzurufen, wofür im Fall von Imidacloprid eine um den Faktor 60 bis 6 000 niedrigere Gesamtdosis ausreicht gegenüber der für den gleichen Effekt sonst notwendigen Menge, welche im Rahmen herkömmlicher Testverfahren bezüglich der akuten Toxizität ermittelt wurde?
ANTWORT DER BUNDESREGIERUNG:
Die Fragen 9, 10 und 11 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Auswirkungen von niedrigen (subletalen) Konzentrationen von neonicotinoiden Wirkstoffen auf Bienen werden bisher schon bei der Risikobewertung im Rahmen des Genehmigungs- und Zulassungsverfahrens betrachtet. Nach derzeitigem Kenntnisstand treten nach der Exposition von Bienen mit subletalen Konzentrationen von neonicotinoiden Wirkstoffen keine Schäden an Bienenvölkern auf. Aus zahlreichen vorliegenden Versuchen, langjährigen Erfahrungen mit Beizmitteln in der Praxis und dem Deutschen Bienenmonitoring ergeben sich keine Hinweise, dass Bienenvölker bei Aufnahme von den in der Praxis vorkommenden Rückständen von Neonicotinoiden geschädigt werden. Die zitierten Versuche von Suchail et al. (2001) sind aus verschiedenen Gründen als nicht belastbar einzustufen; zudem konnten die genannten Ergebnisse bei Wiederholung der Versuche in anderen Versuchseinrichtungen nicht reproduziert werden.
Die Schlussfolgerungen von Tennekes werden nach dem heutigen Stand der Erkenntnisse nicht geteilt. Diese beruhen auf der Annahme, dass für die Wirkstoffe aus der Gruppe der Neonicotinoide die Habersche Regel anwendbar ist. Diese besagt, dass das Produkt aus Konzentration und Dauer einer konstanten biologischen Wirkung entspricht. Die Habersche Regel ist jedoch nur bei irreversiblen Wirkungen von Summationsgiften wie beispielsweise bei krebserregenden Stoffen anwendbar. Bei diesen bewirkt der Giftstoff eine irreversible Veränderung der Rezeptoren. Die Wirkung bleibt also auch nach der Ausscheidung des Wirkstoffs aus dem Körper bestehen. Für den Wirkstoff Nikotin ist bekannt, dass dieser die nikotinischen Acetylcholinrezeptoren reversibel ohne Schädigung blockiert.
Unabhängig von den bisherigen Bewertungen hat die Europäische Kommission die EFSA (EFSA = European Food Safety Authority, Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) vor dem Hintergrund neuer wissenschaftlicher Studien beauftragt, bis Ende 2012 eine Reevaluierung der in der EU genehmigten Neonicotinoid-Wirkstoffe vorzunehmen.

Henk Tennekes

do, 12/07/2012 - 06:56

Die Antwort der deutschen Bundesregierung kommt mir vor wie eine Persiflage auf die wirklichen Umstände des Bienenvolksterbens. Die deutsche Bundesregierung folgt bei der Bewertung meiner Arbeit vorbehaltlos die Linie des Pflanzenschutzmittelherstellers Bayer CropScience (wie aus den Beilagen hervorgeht). Für mich beweisen die Antworten der deutschen Bundesregierung das der Schutz der Imkerei keine Bedeutung hat.

Henk Tennekes

vr, 13/07/2012 - 13:02

Neonicotinoide sind eine Gruppe hochwirksamer neurotoxischer Pestizide, die seit zwei Jahrzehnten zunehmend in der Landwirtschaft eingesetzt werden. Die besondere Gefährdung von Bienen durch diese Pestizide wurde im Jahr 2008 im Zusammenhang mit dem Bienensterben in der Oberrheinebene deutlich, bei dem zehntausende Bienenvölker durch Abriebstaub von (mit Clothianidin) gebeiztem Maissaatgut vergiftet wurden.

Die vielfältigen toxischen Auswirkungen von Neonicotinoiden auf Bienen und andere Insekten sind mittlerweile durch zahlreiche wissenschaftliche Studien belegt. Auch geringe Giftmengen unterhalb der tödlichen Vergiftungsdosis können für Insekten fatale Auswirkungen haben. Besonders besorgniserregend sind Studien, wonach die Wirkung von Neonicotinoide irreversibel ist und damit über längere Zeiträume im Ausmaß kumuliert, was auch bei geringen Einzeldosen mittelfristig zu schweren chronischen Vergiftungen bei Insekten führen kann.