"Wir haben Agrarindustrie satt!"

Unter dem Motto "Wir haben Agrarindustrie satt! Gutes Essen. Gute Landwirtschaft. Jetzt!" geht am 19. Januar 2013 in Berlin erneut ein breites gesellschaftliches Bündnis aus Bauern, Imkern, Umwelt‐, Tier‐ und Verbraucher-Schützern sowie kirchlichen Gruppen auf die Straße. Sie alle setzen sich für einen Systemwechsel in der deutschen und europäischen Ernährungspolitik ein. Mittlerweile 35 Trägerorganisationen erwarten Zehntausende Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie mehr als 50 Traktoren zur "Wir haben es satt!"-Demonstration. "Die Bilanz der Agrarpolitik der letzten Jahrzehnte ist düster: In immer größeren Tierfabriken wird der Tierschutz verletzt, immer mehr Bäuerinnen und Bauern geben auf, die Landschaften 'vermaisen', sagte Jochen Fritz, Sprecher der Initiative "Wir haben es satt". "Während Hoftore geschlossen werden, sollen nach dem Willen der Bundesregierung Konzerne und Großinvestoren weiterhin Milliarden an Agrarsubventionen erhalten." Ökologische Alternativen zur industriellen Landwirtschaft lohnten immer weniger, so das Bündnis, weil industrielle Produktion und Überproduktion die Preise für Bäuerinnen und Bauern ruinierten. "Mehr Pestizide lassen weltweit die Bienen sterben und die Artenvielfalt nimmt rapide ab. Die Spekulation mit Lebensmitteln und Land verschärft den Hunger in der Welt. Gleichzeitig landet immer mehr Getreide im Trog und im Tank statt auf dem Teller. Es ist Zeit für eine tiefgreifende Wende!", so Fritz. Videos Demo:
http://www.youtube.com/watch?v=6r7AZWF-Udk
http://www.youtube.com/watch?v=4qlikMaCZ-M&list=UUnyZ0CgIKFI7FYM-uGQiEm…

Gegen das statt dessen fortschreitende "Ausräumen" der Landschaft demonstrierten die Teilnehmer der Demo "Wir haben es satt", die am Samstag vor das Kanzleramt zog. Unter den 25.000 Teilnehmern auch viele Imker aus dem gesamten Bundesgebiet. Sie protestieren gegen die Ursachen für das Bienensterben. Durch die Verarmung der Landschaft leiden die Tiere nach der kurzen Frühjahrsblüte Hunger, denn es gibt neben den Monokulturen immer weniger Pflanzen die als Nahrung dienen können. So haben die Bienen weniger Widerstandkraft gegen die Varroamilbe. Außerdem stellen Imker fest, dass geschwächte Bienen nicht mehr den Weg zurück in den Bau finden. Veranwortlich dafür wird der Einsatz von Neonikotinoiden gemacht, Nervengiften mit denen das Saatgut behandelt wird und die sich dann in der gesamten wachsenden Pflanze verteilen, dort als Pestizid wirken, aber anscheinend auch das Nervensystem der Bienen schädigen. Was so als "Vermeidung von Spritzmittel" angepriesen wird, führt zum Bienensterben. Fraglich ist welche Rückkopplung dass dann wieder auf die Landwirtschaft haben wird, wenn immer mehr Bienen als Bestäuber ausfallen.

Demonstriert haben auch Vertreter einer bäuerlichen Landwirtschaft. Bernd Voß, Bundesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) kritisiert die bisherige EU-Landwirtschaftspolitik die dazu führt dass ein Drittel der EU-Zahlungen an weniger als zwei Prozent der Betriebe gehen, dass die Bundesregierung die Vorschläge der EU-Kommission ablehnt, dass jeder Betrieb als Gegenleistung für Unterstützung aus Brüssel auch einen konkreten ökologischen Beitrag leisten muss und dass die Ausgestaltung der Brüsseler Marktregeln sich eher an den Interessen von internationalen Molkereikonzernen als an denen der Milchbauern orientiert. Solange die EU-Agrarpolitik falsche Anreize setze, seien Fehlentwicklungen die logische Konsequenz. Die anstehende EU-Agrarreform, deren Regelungen bis Ende Juni stehen sollen, muss deswegen umsteuern von einer reinen Mengensubvention hin zu einer Agrarpolitik die regionale Erzeugerstrukturen fördert und die Landschaft auch als Lebensraum für Artenvielfalt erhält.
Quellen:
Entwicklungspolitik Online, 18.01.2013
http://www.epo.de/index.php?option=com_content&view=article&id=9064:gro…
Heise Online, 21.01.2013
http://www.heise.de/tp/blogs/2/153590