Niederländische Forscher um Caspar Hallmann von der Radboud-Universität in Nijmegen und des SOVON-Zentrums für Ornithologie haben herausgefunden, dass der Rückgang vieler Vogelarten mit dem Einsatz von Schädlingsbekämpfungsmitteln zusammenhängt. Das im Rahmen der Studie untersuchte Pestizid trägt den Namen Imidacloprid und gehört zur Gruppe der Neonicotinoide. Es ist eines der weltweit am häufigsten in der Landwirtschaft verwendeten Insektizide. Neonicotinoide wirken als Kontakt- oder Fraßgifte. Sie schädigen das Nervensystem der Insekten, die mit dieser Substanz behandelte Pflanzen fressen oder diese auch nur berühren.
Während die negativen Auswirkungen auf Bienen und Hummeln durch diese Pflanzenschutzmittel schon seit langem diskutiert werden, war bislang nicht klar, inwieweit auch Vögel durch den Einsatz von Neonicotinoiden geschädigt werden. Die Studie der niederländischen Wissenschaftler liefert nun wichtige Informationen. Die Forscher verglichen die Bestandsentwicklungen von 15 Singvogelarten, darunter Rauchschwalbe und Star, in den Jahren 2003-2010 mit lokalen Imidacloprid-Konzentrationen im Oberflächenwasser von 2003-2009. Der Vergleich zeigt einen deutlichen Zusammenhang zwischen dem Einsatz des Insektizids und dem Rückgang der Vogelarten. Bei Überschreiten eines bestimmten Schwellenwertes nehmen die Vogelarten im Mittel um je 3,5% pro Jahr ab. Der Einsatz von Imidacloprid tötet offenbar so viele Insekten, dass die Vögel nicht mehr genug Nahrung finden.
Die Wissenschaftler um Hallmann fordern die Politik auf, potenzielle Folgeeffekte von Imidacloprid auf Ökosysteme in Betracht zu ziehen. Ein Verbot von Nicotinoiden ist wünschenswert, doch aufgehalten werden kann der rasant vor sich gehende Artenschwund in unserer Kulturlandschaft nur durch eine grundlegend veränderte Agrarwirtschaft.
Die Ergebnisse der Studie sind jetzt in der aktuellen Ausgabe der renommierten englischsprachigen Fachzeitschrift „Nature“ unter dem Titel „Declines in insectivorous birds are associated with high neonicotinoid concentrations“ erschienen.
Quelle: DDA,16.07.14
http://www.dda-web.de/index.php?cat=aktuelles
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Schweres „wissenschaftsethisches Foul“
Liebe FreundInnen der Bienen,
Ich habe in den letzten beiden Aussendungen über die TASK FORCE ZU SYSTEMISCHEN INSEKTIZIDEN bzw. das „WORLD INTEGRATED ASSESSMENT OF THE IMPACT OF SYSTEMIC PESTICIDES ON BIODIVERSITYAND ECOSYSTEMS“ berichtet.
http://www.tfsp.info/
Es gibt zwar nichts Neues von der TASK FORCE – aber ich habe gleichzeitig auch den Artikel von Hallmann et al. in NATURE ausgesandt. In diesem Zusammenhang muss ich Euch darauf hinweisen, dass Hallmann et al. eigentlich ein schweres „wissenschaftsethisches Foul“ begangen haben, indem sie nicht auf die bahnbrechenden Arbeiten von Henk Tennekes verwiesen haben. Dieser hat in seinem Buch „The systemic insecticides: a disaster in the making“ (2010) erstmals die These vertreten und in die wissenschaftliche Gemeinschaft hineingetragen, dass die Neonikotinoid-Anwendung zur indirekte Ausrottung von Vogelpopulationen aber auch von Kleinsäugern, Fischen, Amphibien und Fledermäusen führen wird, da deren Insekten basierende Nahrungsquelle erheblich reduziert wird.
Siehe dazu die HOMEPAGE: http://www.disasterinthemaking.com/ bzw. die deutsche Übersetzung
„Das Ende der Artenvielfalt – Neuartige Petsizide töten Insekten und Vögel“ durch den BUND
https://www.bundladen.de/Medien/Tiere/Das-Ende-der-Artenvielfalt.html (Diese Publikation kann auch weiter on-line bestellt werden.)
Die Parallelen zur Arbeit der TASK FORCE ZU SYSTEMISCHEN INSEKTIZIDEN sind nicht zufällig, sondern einleuchtend und basieren auf einem historischen Zusammenhang. Die Arbeiten von Henk Tennekes, Francisco Sanchez-Bayo, Rosemary Mason, und Palle Uhd Jepsen trugen ganz wesentlich zur Gründung und geistigen Fundierung der TASK FORCE bei. Viele ImkerInnen, die diesen Diskurs seit Jahren verfolgen, wissen das auch. (Dazu siehe auch http://www.farmlandbirds.net/en/content/neonicotinoids-linked-recent-fal...)
Damit aber auch Hallmann et al. bzw. auch das Wissenschaftsjournal NATURE die Urheberschaft für die Fundamente dieser Forschung anerkennen, hat Francisco Sanchez-Bayo einen Letter to the Editor of NATURE geschrieben. Auch diesen möchte ich Euch bekannt machen
Die wesentlichen wissenschaftlichen Arbeiten von Henk Tennekes zu diesem Themenkomplex sind – und sind on-line zugänglich:
Tennekes, H. A. The Systemic Insecticides: A Disaster in the Making. (ETS Nederland BV, 2010); http://www.disasterinthemaking.com/
Tennekes, H. A. The significance of the Druckrey–Küpfmüller equation for risk assessment—The toxicity of neonicotinoid insecticides to arthropods is reinforced by exposure time; Toxicology 280, 173-175; http://www.toxicology.nl/attachments/TOX50689.pdf
Tennekes HA, Sánchez-Bayo F. Time-dependent toxicity of pesticides and other toxicants: implications for a new approach to risk assessment. J. Environment. J Environment Analytic Toxicol 2011, S:4; http://dx.doi.org/10.4172/2161-0525.S4-001 (http://www.cbgnetwork.org/downloads/JEAT_%20Study_Tennekes_Neonicotinoid...)
Mason R, Tennekes H, Sánchez-Bayo F, Jepsen PU (2012) Immune suppression by neonicotinoid insecticides at the root of global wildlife declines. J Environ Immunol Toxicol 1:3–12; http://www.gmfreecymru.org/pivotal_papers/JEIT-D-12-00001_proofs.pdf
H. A. Tennekes, F. Sánchez-Bayo, Koichi Goka. Impact of Systemic Insecticides on Organisms and Ecosystems DOI: 10.5772/52831; http://cdn.intechopen.com/pdfs/40497/InTech-Impact_of_systemic_insectici...
Wer sich für „The systemic insecticides: a disaster in the making“ in der deutschen Fassung als Sommer-Lektür interessiert, kann sich auch bei mir melden.
Wir halten Sie mit der aktuellsten wissenschaftlichen Literatur am Laufenden
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Und wünschen einen schönen Sommer
Josef Hoppichler
BA für Bergbauernfragen
Wien, 22.07.14
Dieser Zusammenhang wurde 2010 von Tennekes schon beschrieben
28.02.2011, PAN Germany, Susan Haffmans
Aus: PAN Germany PestizidBrief Januar/Februar 2011
In seinem Buch "The systemic insecticides: a disaster in the making" 1 klagt der Toxikologe Dr. Henk Tennekes Neonicotinoide als Bedrohung der Umwelt an. Er belegt, dass die systemischen neonicotinoiden Pestizid-Wirkstoffe aufgrund ihrer Wirkungsweise schon im Niedrigdosisbereich tödliche Folgen für eine Vielzahl von Insekten, Schnecken und Spinnen haben können und stellt den dramatischen Artenrückgang von Vögeln in Zusammenhang mit der steigenden Anwendung dieser Wirkstoffe in der Landwirtschaft.
Neonicotinoide sind neurotoxisch wirkende Pestizide. Seit rund 10 Jahren werden sie in der Europäischen Union in fast allen landwirtschaftlichen Anbaukulturen eingesetzt. Folgende Grundeigenschaften machen sie laut Tennekes zu einer Bedrohung für die Umwelt und die globale Landwirtschaft: Ihre systemische Wirkung in der Pflanze, ihre neurotoxische Wirkung im tierischen Organismus und ihr Umweltverhalten.
"Systemische Wirkung" bedeutet, dass der Wirkstoff, beispielsweise als Beizmittel auf das Saatgut aufgebracht, nicht auf das Saatgut beschränkt bleibt. Aufgrund seiner guten Wasserlöslichkeit wird er in der Pflanze transportiert und kann sich so in alle Pflanzenteile verteilen. Tiere, die sich von den Pflanzenteilen ernähren, kommen so mit dem Neonicotinoid in Berührung und nehmen Schaden. Aus Sicht des chemischen Pflanzenschutzes sind Neonicotinoide aufgrund dieser Eigenschaft ein voller Erfolg. Denn schon geringe Wirkstoff-Mengen können eine hohe Wirkung erzielen. Die Problematik, dass auch Nützlinge wie Bienen bei der Suche nach Pollen und Nektar mit den Giftstoffen in Kontakt kommen, wurde lange als nicht gravierend angesehen.
Ob ein Wirkstoff für Bienen besonders gefährlich ist, wird auf EU-Ebene getestet. Mit dem Bemühen, "Bienentoxizität" als Ausschlusskriterium für die Zulassung durchzusetzen, scheiterten die Umweltverbände bei der Neuformulierung der Zulassungsverordnung. So sind derzeit 31 als bienengefährlich eingestufte Pestizidwirkstoffe in der EU zugelassen, darunter Neonicotinoide wie Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam. Auch die in Deutschland ausgebrachten Pestizidprodukte werden vor ihrer Zulassung auf Bienengefährlichkeit untersucht. Eine spezifische Anpassung der Zulassungsprüfung aufgrund der besonderen Eigenschaften der Neonicotinoide fand bis zum pestizidbedingten Massensterben von Bienenvölkern 2008 nicht statt. Zwar ruht zumindest für drei neonicotinoidhaltige Beizmittel die Zulassung, doch sind in Deutschland derzeit nach wie vor fünf Mittel mit dem Wirkstoff Clothianid, 31 mit dem Wirkstoff Imidacloprid und 12 mit dem Wirkstoff Thiametoxham im Einsatz. Sie werden auf Zierpflanzen, Zimmerpflanzen, Raps, Zuckerrüben und Futterrüben ausgebracht.
Zu der systemischen kommt die neurotoxische Wirkung der Neonicotinoide. Sie ist laut Tennekes irreversibel und dies macht sie so problematisch. Kommt ein Insekt mit dem Giftstoff in Kontakt, blockiert dieser spezifische Rezeptoren im zentralen Nervensystem des Tieres. Die Wirkung reichert sich bei wiederholter Exposition an. Das heißt, je öfter ein Insekt mit dem Wirkstoff in Kontakt kommt, desto schwerwiegender sind die Folgen. Ist sowohl die Rezeptoren-Besetzung als auch die durch sie ausgelöste Wirkung irreversibel, so treten zusätzliche "Verstärkereffekte" auf. Solche Verstärkereffekte kannte man bislang von krebsauslösenden Substanzen, nun wurde dies auch bei der letalen Wirkung der weit verbreiteten Insektizide aus der Klasse der Neonicotinoide bei Insekten nachgewiesen. Dies bedeutet, dass bereits geringe Konzentrationen von Neonicotinoiden in der Umwelt, die unterhalb der als "akut toxisch" geltenden Konzentration liegen, über einen längeren Zeitraum schädlich für zahlreiche im Wasser (aquatisch) und auf dem Land (terrestrisch) lebende Wirbellose sein können, für Bienen, Käfer, Schmetterlinge, Schnecken, verschiedene Fischarten und Würmer.
Hinzu kommt die gute Wasserlöslichkeit und Mobilität der Neonicotinoide im Boden. Dieses Umweltverhalten der Neonicotinoide nennt Tennekes "den zweiten katastrophalen Nachteil". Landwirtschaftliche Böden fungieren in der Regel als Stoffsenken für eingesetzte Pestizide. Neonicotinoide werden jedoch aufgrund ihrer hohen Wasserlöslichkeit aus den Böden ausgewaschen und gelangen dadurch in Oberflächengewässer und Grundwasser. Über das Wasser werden sie in der Umwelt verteilt und zu einer Gefahr für unzählige Nicht-Zielorganismen. Hinzu kommt ihre relative Langlebigkeit in Wasser und Boden. Bei Imidacloprid beispielsweise findet in Gewässern mit neutralem ph-Wert fast kein Abbau statt. Ist die Umgebung basischer, liegt die Halbwertzeit bei rund einem Jahr. Dies erklärt auch die hohen Imidacloprid-Rückstandsgehalte in Niederländischen Gewässern.
Leider liefert Tennekes keine Angaben darüber, wo in Europa wie viele Tonnen Neonicotinoide ausgebracht werden. In dem Kapitel "The use of neo-nicotinoid insecticides" sind lediglich Absatzdaten aus Deutschland aufgeführt.
Genauer wird Tennekes jedoch bei der Darstellung der Situation in den Niederlanden. Hier liegt der Schwerpunkt des Buches. Um die dortige Gewässerbelastung mit Neonicotinoiden zu verdeutlichen, greift Tennekes sich das Insektizid Imidacloprid heraus. Innerhalb von 9 Jahren verdoppelte sich dessen Ausbringungsmenge: Wurden in den Niederlanden 1994 noch 668 kg auf gut 5.000 Hektar Land ausgebracht, waren es 2004 bereits 6377 auf rund 40.000 Hektar Fläche. Im selben Zeitraum wurde Imidacloprid als einer der Haupt-Rückstände in niederländischen Oberflächengewässern nachgewiesen, vor allem in den westlichen Landesteilen. Die höchsten Rückstände wurden 2005 in Noordwijkerhout gemessen, einer Gemeinde an der Nordküste der Niederlande, die bekannt ist für ihre Blumenproduktion. Hier lagen die Imidaclopridwerte 4700-fach über dem erlaubten Wert von 67ng/Liter. Eine Biene, die von dem Wasser tränke, würde schon bei einer Aufnahme von 12 Mikrogramm eine für sie tödliche Dosis des Pflanzengiftes aufnehmen. Wissenschaftler beobachteten allerdings, dass schon erheblich niedrigere Dosen zum Tod von Bienen führten.
Tennekes bringt die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die schädigende Wirkung von Neonicotinoiden mit den Zahlen des Artenrückgangs in Zusammenhang: In den Niederlanden noch in den 1980er Jahren häufig vorkommende Arten sind in ihren Beständen dramatisch zurückgegangen. Besonders alarmierend ist nach Tennekes der Rückgang an Wiesenvögeln. Lag die jährliche Verlustrate dort in den 10 Jahren zwischen 1990 und 2000 noch bei 1,2%, so stieg sie seit 2000 auf 4,6%. Singvögel wie Feldlerche, Wiesenpiper und Schafstelze verzeichnen dramatische Verlustraten von minus 75% in nur 5 Jahren. Dass die Bestandsverluste dort am höchsten sind, wo die Gewässerbelastungen mit Neonicotinoiden am höchsten ausfallen, ist für Tennekes ein klares Indiz dafür, dass es hier einen Zusammenhang gibt. Denn guckt man sich den Speiseplan der betroffenen Vögel an, so finden sich hier vor allem die Wirbellosen, für die schon geringe Konzentrationen von Neonicotinoiden über einen längeren Zeitraum tödlich wirken. Die Populationen von Vögeln, die sich ausschließlich oder vorwiegend von Insekten ernähren, verzeichnen die größten Bestandsverluste. Besonders ausgeprägt sind die Verluste im Westen des Landes. Vor allem in den letzten 10 Jahren hat sich die Situation noch einmal zugespitzt. Viele Vögel sind auf Insekten, viele auf große Käfer angewiesen. Fehlen diese, kann der Nachwuchs nicht mehr ernährt werden. Tennekes trägt detailliert die Verlustraten der unterschiedlichen Vogelarten zusammen und stellt Bezüge zu deren Ernährungsgewohnheiten und zum Rückgang an Beutetieren her. Die umfassenden Darstellungen aus den Niederlanden werden durch Zahlen aus England, Frankreich, der Schweiz und Deutschland ergänzt. Immer wieder wird der Zusammenhang zwischen den Populationsverlusten bei Insekten und Spinnen, den rückläufigen Bruterfolgen und dem steigenden Einsatz von Pestiziden thematisiert und anhand zahlreicher Studien und Zahlen untermauert.
Tennekes führt in seinem Buch einen Indizienbeweis. Er stellt eine Korrelation fest zwischen einer steigenden Nutzung von Neonicotinoiden und einem steigenden Rückgang an Vögeln und Wirbellosen. Hierbei wäre gut gewesen, wenn er deutlicher gemacht hätte, dass auch andere Parameter für den beschriebenen Artenverlust verantwortlich gemacht werden können, wie der Verlust, die Degradierung oder Zerschneidung von Lebensraum, um so möglicher Kritik entgegen zu wirken. Besonders in der Zusammenfassung fehlt eine solche kritische Betrachtung. Dennoch ist dem Toxikologen Henk Tennekes mit "The systemic pesticides - A disaster in the making" ein in vielerlei Hinsicht erstaunliches Sachbuch gelungen.
Erstaunlich ist das Buch zum einen, weil es Tennekes mit der Buchveröffentlichung gelungen ist, wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Nische der wissenschaftlichen Journale zu holen und einer breiteren Leserschaft zu präsentieren. Zum anderen, weil Tennekes Stellung bezieht, weil er eine Position vertritt und diese nachvollziehbar mit Fakten, in diesem Fall Rechercheergebnissen, belegt. Damit geht er weit darüber hinaus, was in wissenschaftlichen Fachpublikationen Usus ist. Erstaunlich zudem, weil das Buch schön ist. Wer jetzt irritiert ist, hat das Buch noch nicht in der Hand gehabt und wer meint, das sei unwichtig, der irrt. Denn die Einbeziehung der Landschaftsbilder des Malers Ami-Bernhad Zillweger, die formatfüllend abgedruckt wie Oasen zwischen den Kapiteln liegen und die großzügige Gestaltung des Buches insgesamt, tragen erheblich dazu bei, dass man das Buch lesen will, dass man bereit ist, lateinische Namen und für die meisten Leser zunächst einmal unverständliche Formeln zu lesen. Bilder und Text stehen im spannungsvollen Miteinander und spiegeln die inhaltliche Spannung wider, die Tennekes vermittelt: Die Spannung zwischen Zerstören und Bewahren.
(Susan Haffmans)
1Tennekes, H. (2011): The systemic insecticides: a disaster in the making. ETS Nederland BV, Zutphen
Quelle:
http://www.pan-germany.org/deu/~news-1079.html
Hallmann et al. Studie in Nature ist kalter Kaffee
Der niederländische Toxikologe Henk Tennekes (www.toxicology.nl) hat in seinem Buch "Das Ende der Artenvielfalt – Neuartige Pestizide töten Insekten und Vögel" viele Quellen ausgewertet, die sich auf die Anwendung, Verbreitung und Wirkung der neonicotinoiden Pflanzenschutzmittel (PSM) in mehreren europäischen Ländern, vor allem in den Niederlanden, beziehen. Diese Stoffe (Handelsnamen sind Imidacloprid, Thiamethoxam oder Clothianidin) wirken auf das zentrale Nervensystem von Wirbellosen und blockieren dort wichtige Funktionen. Betroffen sind natürlich auch Honigbienen. Tennekes’ materialreiche Studie bringt den Rückgang der Artenvielfalt von Insekten, Weichtieren und Vögeln in Zusammenhang mit dem Gebrauch dieser Gruppe von PSM, die seit 1991 zunehmend Verwendung finden. Die Giftstoffe sind im Boden schwer abbaubar und gelangen ins Grundwasser. Die Folge sind Schäden an zahlreichen Arten, wie Regenwürmern, Käfern, Spinnen oder Schnecken, die dann als Nahrungsquelle für Vögel fehlen. Europaweit gingen zahlreiche Bestände von Wiesen-, Heide-, Wald- oder im Watt brütenden Vögeln zurück. Die fatalen Wirkungen der Nervengifte auf Insekten und Weichtierarten liegen zunächst oft unter der tödlichen Dosis, sind aber langfristig zerstörerisch. Das macht die Beweisführung ihrer Giftigkeit schwieriger. Tennekes’ Studie liefert Daten, um zum Schutz des Naturhaushalts ein Verbot der Neonicotinoide zu fordern. Zumindest sollten Untersuchungen auf Langzeitfolgen und Kombinationswirkungen mit anderen Pestiziden in Zulassungsverfahren integriert werden.
Der weltbekannte Ornithologe Pierre Mineau hat für die American Bird Conservancy eine Studie zur Bedrohung von Insekten und Vögeln durch Pestizide veröffentlicht. Die Studie ist online verfügbar. Mineau bestätigt damit die Ergebnisse des Toxikologen Dr Henk Tennekes. Im amerikanischen Kongress hat Pierre Mineau für ein sofortiges Verbot von Pestiziden aus der Substanzklasse der Neonikotinoide plädiert. Auch Mineau ist der Ansicht, dass die Neonikotinoide eine Umweltkatastrophe herbeiführen werden, wenn diese Nervengifte nicht umgehend verboten werden.
Einige Zitate aus der Veröffentlichung:
=> “We are grateful to Francisco Sanchez-Bayo and Henk Tennekes for meeting and sharing their insights into the neonicotinoids and other systemic insecticides
In his book, Dutch toxicologist Henk Tennekes (2010) makes the case that the contamination of surface water by neonicotinoids is so widespread in the Netherlands (and possibly elsewhere in Europe), that loss of insect biomass on a continental scale is behind many of the widespread declines that are being seen, be they of marsh birds, heath or meadow birds or even coastal species.
=> It has been suggested by the Dutch toxicologist Henk Tennekes (2010) that the neonicotinoid insecticides and other systemic products represent a ‘disaster in the making’ because of their potential to affect birds through reductions of their food supply.
=> Despite Bayer Corporation’s protestations that the mode of action of imidacloprid is not irreversible (Maus and Nauen 2011), Tennekes (2011) counter-argued successfully that evidence to date shows otherwise (despite minor deviations, the insecticide is dangerously close to showing irreversible activity) and even used some of Bayer Corporations’ earlier reports on imidacloprid’s mode of action to make his point.”
Pierre Mineau, der vielleicht bekannteste Ornithologe weltweit, ist also der Ansicht dass die Einwände von Bayer gegen Tennekes´ Darstellung des Wirkungsmechanismus von Neonikotinoiden erfolgreich widerlegt worden sind. Somit ist auch Mineau der Ansicht, dass die Neonikotinoide eine Umweltkatastrophe herbeiführen werden, wenn diese Nervengifte nicht umgehend verboten werden.
Quellen: CBG
http://www.cbgnetwork.org/4963.html
Die Biene, 23.06.2012
http://www.diebiene.de/henk-tennekes-ende-artenvielfalt
Stellungnahme Dr. Anton Safer (Universität Heidelberg)
Lieber Henk,
ich finde es beschämend und für ein wissenschaftliches Magazin vom Range von Nature schändlich, dass Deine Verdienste um das Aufzeigen des Zusammenhangs zwischen dem Rückgang speziell der Insektenfressenden Vögel und der rapide wachsenden Verbreitung der Neonikotinoide nicht in angemessener Weise gewürdigt wurden. Ich hoffe, dass sich die Erkenntnisse über die Zusammenhänge zwischen der Pestizidanwendung in der Landwirtschaft und der Umweltschädigung wie auch dem Artensterben auch in der Öffentlichkeit weiter verbreiten.
Immerhin aber hat der BUND Dein großartiges Buch in deutscher Sprache herausgebracht, und vertreibt es über seinen Internetauftritt, was mir als langjährigem BUND-Mitglied Genugtuung verschafft.
Eine gewisse Genugtuung sollte Dir auch geben, dass Dein Jahrelanger Kampf für die Anerkennung und Wiederanwendung der Haber'schen Regel bei der toxikologischen Beurteilung der Kumulationsgifte Eingang in die offiziellen Papiere der EFSA gefunden hat. So finden sich in der "Scientific Opinion on the science behind the development of a risk assessment of Plant Protection Products on bees" vom EFSA Panel on Plant Protection Products and their Residues (PPR) im EFSA Journal 2012; 10(5):2668 auf den Seiten 39-47 die Ausführungen zur Haber'schen Regel, wobei Deine und Sanchez-Bayo's Arbeiten auf Seite 41f. zitiert werden. Die Schlußfolgerung daraus ist, dass die gegenwärtigen Prüfmethoden für die Gefährdung der Bienen (und aller Insekten!) durch Pestizide völlig unzureichend sind. Auch die EPPO-Richtlinien werden auf dieser Basis in Frage gestellt (Seite 49f.).
Du hast für den Naturschutz und speziell Vögel und Bienen etwas Großartiges geleistet!
Beiträge, die weit über die Wissenschaft hinausgehen, und dem Thema "Gefährdung durch Pestizide" in der Öffentlichkeit, in Behörden und in der Politik zu Aufmerksamkeit und Anerkennung verholfen haben.
Selbst die EFSA hat das anerkennen müssen. Klar, das Ringen ist noch nicht zu Ende, aber einige große Schritte sind getan.
Aus den genannten Gründen möchte ich Dir für Dein Engagement zu Gunsten der Natur danken,
und großen Respekt und Anerkennung zollen.
In Freundschaft
Anton
30. August 2014