Koos Biesmeijer (Naturalis Biodiversity Center im niederländischen Leiden): kleinste Mengen von Imidacloprid machen Bienenbrut anfälliger für Krankheiten

Imker und Naturschützer laufen seit Jahren Sturm gegen die Neonicotinoide, für sie sind die Wirkstoffe mit den Namen Clothianidin, Imidacloprid und Thiametoxam Bienenkiller. Die Kritiker bekommen jetzt Rückenwind von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA. Die Pestizidgruppe bei der EFSA hat im Auftrag der EU-Kommission sämtliche Studien gesichtet, die sich mit Anwendungen der Neonicotinoide befassen, sagt ihr Leiter Herman Fontier.
"Mit wenigen Ausnahmen haben wir bei allen in der Europäischen Union zugelassenen Anwendungen dieser Mittel für wenigstens einen Bereich ein Risiko für Bienen bestätigt oder konnten es zumindest nicht ausschließen. Bei einigen Anwendungen und Pflanzenarten ist die Datenlage allerdings zu dünn, um das Risiko verlässlich einschätzen zu können. Das ist vor allem bei den Guttationstropfen der Fall." Dass die EFSA-Forscher bei den Neonicotinoiden Risiken für Bienen gefunden haben, zeige, so Professor Koos Biesmeijer vom Naturalis Biodiversity Center im niederländischen Leiden, dass die Risikoabschätzung bei der Zulassung der Mittel nicht ausreicht.

"Pflanzenschutzmittel werden zwar mit ziemlich strengen Methoden getestet, und auch die Neonicotinoide haben diese Tests bestanden. Neuere wissenschaftliche Studien belegen aber, dass diese Mittel die Bienen zwar nicht direkt töten, ihnen jedoch auf lange Sicht schaden."

In den letzten Monaten hat eine Reihe von Studien Hinweise darauf gefunden, dass auch kleinste Dosen der Gifte große Auswirkungen auf Bienenvölker und wilde Bienenarten haben: Sammelbienen, die kleinste Mengen Thiametoxam gefressen hatten, verirrten sich auf dem Weg zurück in den Stock. Hummeln, die mit Imidacloprid in Kontakt gekommen waren, brachten fast keine Königinnen mehr hervor. Kleinste Mengen von Imidacloprid machten Bienenbrut anfälliger für Krankheiten, obwohl die Larven selbst gar nicht mit dem Pestizid in Berührung gekommen waren. Solche Effekte müssten bei der Risikobewertung stärker beachtet werden, sagt Koos Biesmeijer.

"Die Tests müssen so angepasst werden, dass sie auch die Langzeiteffekte auf die Bienen berücksichtigen. Und eigentlich müsste man die neuen Tests auch auf andere bereits zugelassene Mittel anwenden. Es ist denkbar, dass auch längst bekannte Stoffe Effekte haben, über die wir bisher nie nachgedacht haben."

Quelle:
Deutschlandfunk, 21.01.2013
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/forschak/1985530/