Fachbuch »Das Ende der Artenvielfalt – Neuartige Pestizide töten Insekten und Vögel« von Henk Tennekes

2010 veröffentlichte der holländische Toxikologe Henk Tennekes ein international beachtetes Fachbuch mit dem Titel »Disaster in the Making«. Er beschreibt das extreme Artensterben bei Insekten und Vögeln der Agrarlandschaft – in England genauso wie in Holland oder Deutschland. Rebhühner, Kiebitze, Haubenlerchen und Braunkehlchen und selbst die früher so häufige Feldlerche werden immer seltener. Tennekes belegt das Artensterben mit vielen wissenschaftlichen Publikationen, die er in seinem Buch vorstellt. Die Ursache sieht der Toxikologe in einer Gruppe neuer Pestizide, der Neonikotinoide. Diese fordert er sofort zu verbieten. Noch vor Weihnachten 2011 kam die limitierte deutsche Ausgabe mit dem Titel »Das Ende der Artenvielfalt – Neuartige Pestizide töten Insekten und Vögel« auf den Markt.

Das vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) herausgegebene Buch wird mit ganzseitigen Bildern des Künstlers Ami-Bernard Zillweger illustriert. Prof. Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND, schreibt in seinem Vorwort: „Der BUND verfolgt das Ziel, dass alle für Mensch und Umwelt gefährlichen Neonikotinoide alsbald vom Markt genommen werden. In diesem Sinne wünsche ich, dass dieses Buch viele wichtige Argumente im Kampf gegen gefährliche Pestizide liefern kann.“

"Das Buch könnte ein Krimi sein. Es geht um Vergiftung und Tod, um Macht und um Gewinn. Doch was der niederländischen Toxikologen Dr. Henk TENNEKES in seinem Buch »The systemic insecticides: a disaster in the making« beschreibt, ist keine Fiktion. Es geht um die erheblichen negativen Auswirkungen einer Gruppe von Pestiziden, den so genannten Neonicotinoiden, auf die belebte Umwelt. TENNEKES macht die wissenschaftlichen Erkenntnisse hierüber öffentlich und er klagt an: Neonicotinoide verschmutzen unsere Gewässer, schädigen zahlreiche Insektenarten und tragen so zu dem dramatischen Rückgang an Vogelpopulationen in Europa bei", beginnt eine längere Rezension des Buches von Susan Haffmann vom Pestizid Aktions-Netzwerk (siehe Beilage). Neonicotinoide sind neurotoxisch wirkende Pestizide. Die vor 20 Jahren eingeführten Wirkstoffe werden längst in fast allen Kulturen in der Europäischen Union eingesetzt. Folgende Grundeigenschaften machen sie laut Tennekes zu einer Bedrohung für die Umwelt und die globale Landwirtschaft: Ihre systemische Wirkung in der Pflanze, ihre neurotoxische Wirkung im tierischen Organismus und ihr Umweltverhalten.
Ersteres bedeutet, dass der Wirkstoff, der beispielsweise als Beizmittel auf das Saatgut aufgebracht wird, nicht auf das Saatgut beschränkt bleibt. Aufgrund seiner guten Wasserlöslichkeit wird er innerhalb der Pflanze transportiert und kann sich so in alle Pflanzenteile verteilen. Tiere, die sich von den Pflanzenteilen ernähren, kommen so mit dem Neonicotinoid in Berührung und nehmen Schaden. Aus Sicht des chemischen Pflanzenschutzes sind Neonicotinoide aufgrund dieser Eigenschaft ein voller Erfolg.
Denn schon geringe Wirkstoff-Mengen können eine hohe Wirkung erzielen. Hinzu kommt die besondere neurotoxische Wirkung der Neonicotinoide. Sie ist laut Tennekes irreversibel und dies macht sie so problematisch. Kommt ein Insekt mit dem Giftstoff in Kontakt, blockiert dieser spezifische Rezeptoren im zentralen Nervensystem des Tieres.
Tennekes zu Folge akkumuliert sich diese Wirkung bei wiederholter Exposition. Das heißt, je öfter ein Insekt mit dem Wirkstoff in Kontakt kommt, desto schwerwiegender sind die Folgen. Dies erklärt Tennekes dem Leser folgendermaßen: Bei Wirkstoffen, die
sich reversibel an Rezeptoren binden, ist die Wirkung eine Funktion der jeweils vorhandenen Konzentration. Ist aber die Rezeptoren-Besetzung praktisch irreversibel,
so entspricht die Wirkung dem Integral der Konzentration über die Zeit. Ist sowohl die Rezeptoren-Besetzung als auch die durch sie ausgelöste Wirkung irreversibel, so treten laut Tennekes zusätzliche »Verstärkereffekte« auf. Die Wirkung entspricht dann dem doppelten Integral aus der Konzentration und der Zeit. Solche Verstärkereffekte kannte man bislang von krebsauslösenden Substanzen, nun wurde dies auch bei der letalen Wirkung der weit verbreiteten Insektizide aus der Klasse der Neonicotinoide bei zahlreichen Wirbellosen nachgewiesen. Dies bedeutet, dass schon geringe Konzentrationen von Neonicotinoiden in der Umwelt, die unterhalb der als »akut toxisch« geltenden Konzentration liegen, über einen längeren Zeitraum schädlich für zahlreiche aquatische und terrestrische Wirbellose sind, für Bienen, Käfer, Schmetterlinge, Schnecken und Würmer. Erst wenn man diese Wirkungsweise verstanden hat, versteht man auch, was die Neonicotinoiden so problematisch macht. Zu den systemischen und neurotoxischen Eigenschaften gesellt sich noch die gute Wasserlöslichkeit und Mobilität im Boden. Dieses Umweltverhalten der Neonicotinoide nennt Tennekes »den zweiten katastrophalen Nachteil«. Landwirtschaftliche Böden fungieren in der Regel als Stoffsenken für eingesetzte Pestizide. Neonicotinoide werden jedoch aufgrund ihrer guten Wasserlöslichkeit aus den Böden ausgewaschen und gelangen so in Oberflächengewässer und Grundwasser. Über das Wasser werden sie in der Umwelt verteilt und so zueiner Gefahr für unzählige Nicht-Zielorganismen.
Hinzu kommt noch ihre relative Langlebigkeit in Wasser und Boden. Bei Imidacloprid beispielsweise findet in Gewässern mit neutralem pH fast kein Abbau statt, ist die Umgebung basischer, dann liegt die Halbwertzeit bei ca. einem Jahr. Dies erklärt auch die hohen Imidacloprid Rückstandsgehalte in Niederländischen Gewässern
Der Vertrieb des Buches läuft ausschließlich über den BUND-Onlineshop:
https://www.bundladen.de/shop/tierschutz/buecher/zurueck/buecher-4/prod….

Henk Tennekes: Das Ende der Artenvielfalt – Neuartige Pestizide töten Insekten und Vögel, 1. Auflage 2011, 12 Illustrationen, 17 Grafiken, 72 Seiten.
Best.-Nr.: 39323
Preis: €29,95 (zzgl. €5,90 Versandkosten)
Rezension in Kritische Oekologie, siehe Beilage
Rezension in ADIZ - die Biene - Imkerfreund
http://www.diebiene.de/sro.php?redid=121816
Quelle: Neue Rheinische Zeitung, 28.12.2011
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=17327