Beobachtungen eines Imkers - In einer gesunden Umwelt wird es gesunde Bienen geben

Für mich sind die Ursachen für das Bienensterben, es sollte eigentlich Bienenvolkssterben heißen, klar. Nach Schädlingen und Krankheiten zu suchen führt zu den Symptomen des Bienenvolkssterbens und nicht zu den Ursachen. Diese müssen in der Umwelt, in der unsere Bienen leben, gesucht werden. Als Prämisse muss gesagt werden, dass in unserem Gebiet in der konventionellen Landwirtschaft bei fast allen Kulturpflanzen Neonicotinoide (Beizmittel) angewandt werden. Wir wissen, dass dieses systemisch wirkende Insektizid auch den Pollen und den Nektar vergiftet. Wenn wir ein Bienenjahr verfolgen und mit dem Sommer beginnen, sind unsere Bienen auf Maispollen angewiesen (in fast allen Bienenbrotproben der mir bekannten Imker, die Bienenbrotproben untersuchen ließen, wurden Neonicotinoid- Rückstände festgestellt).

Die Ergebnisse wurden mir leider erst im November zugesandt. Ich hatte keine Möglichkeit mehr, die Pollenwaben zu entfernen. Daher ist der Großteil dieser Völker bereits tot. Das ist keinesfalls ein Problem mit der Varroamilbe, denn bei der Behandlung dieser sind wir Imker besonders sensibel geworden. Uns ist in den letzten Jahren vor allem aufgefallen, dass ein Teil der Völker erst nach erfolgter Überwinterung im Frühjahr eingegangen ist. Waren früher 10 % der Völker im Winter ausgefallen, so sind es heute 30 bis 35 %, an manchen Ständen bis zu 80 %, die den Winter nicht überleben. Jedes Jahr sterben mehr. Die Erträge sind um bis zu 60 % zurückgegangen. Im Frühjahr dieses Jahres musste ich die Völker vom blühenden Raps in den Wald retten, weil ich einen enormen Flugbienenverlust hatte. Diese verlassen das Volk und finden nicht mehr zurück. Auf alle Fälle fehlen sie dem Volk. Das Fatale an diesen Neonicotinoiden ist, dass in den folgenden Jahren die Kulturen, wie Buchweizen, Phacelia, Klee usw., welche für die Bienen sehr attraktiv sind, ebenfalls mit diesem Insektizid belastet sind und so zur Todesfalle für alle lokalen Bestäuber werden können. Staatenbildende Insekten haben zu solitär lebenden den Vorteil, dass sie ihre Ausfälle besser kompensieren können. Ein weiteres großes Problem ist das Gutationswasser bei jungen Maispflanzen oder anderen jungen Pflanzen, die mit Neonicotinoiden in Verbindung gekommen sind. „Maispflanzen, deren Samen mit Insektiziden aus der Gruppe der Neonicotinoide gebeizt worden waren, können – vor allem im Jugendstadium - hohe bienentoxische Konzentrationen dieser Beizmittelwirkstoffe über das Gutationswasser ausscheiden. Somit wären Bienen, die derartige Gutationstropfen als Wasserquelle nutzen, einem Vergiftungsrisiko ausgesetzt.“ (siehe unter http:http://www.ages.at/ages/landwirtscha...tationswasser/). Das heißt nicht, dass das Problem durch Aufstellen einer Wassertränke für Bienen gelöst wäre. Bienen ziehen wahrscheinlich Gutationswasser vor, weil es mit Mineralien angereichert ist. Manche Bienenstände sind aus nicht nachvollziehbaren Gründen besonders betroffen. So sagte mir ein Imker, dass die aufgesetzten Honigräume trotz starkem Brutnest nicht besetzt wurden, das heißt, diese Völker brachten in dieser Saison überhaupt keinen Honig. Dieses Phänomen ist nur durch einen ständigen Verlust der Flugbienen erklärlich.

Dass die Zahl der Insekten auffallend zurückgegangen ist, erkennt man leicht daran, dass früher bei Insektenflug bei jedem Nachtanken unseres PKWs die Windschutzscheibe gewaschen werden musste, heute ist dies kaum mehr notwendig. Die Straßenlaternen in der Nacht waren bei uns in diesem Sommer verwaist. Vereinzelt schien sich ein Schwärmer verirrt zu haben. Auch waren keine Mücken und andere herumschwirrende Insekten zu sehen.

Durch das reduzierte Nahrungsangebot von Insekten, ist die Anzahl der Vögel zumindest bei uns drastisch zurückgegangen. Waren noch auf meiner Wohnhausterrasse vor 10 Jahren 5 Schwalbennester und ein Nest eines Rotschwänzchens Phoenicurus ochruros zu finden, so gibt es heute keine mehr. Die Feldlerche Alauda arvensis, die Bachstelze Motacilla alba und die vielen anderen Singvögel sind weg. Es war ein sehr stiller Sommer. Vor allem am frühen Morgen, bevor die Sonne aufgegangen ist.

Wie in Medien bereits nachzulesen war, gibt es in Österreich Gebiete, in denen dieses Insektizid bereits im Grundwasser nachgewiesen werden konnte. Eine Studie aus Frankreich beunruhigt besonders, wonach 90 % der Spritzmittel über Aerosole in die Umwelt gelangen, nur 10% kommen auf die Pflanzen.

Wir Imker sprechen von der Wichtigkeit und Besonderheit der Apitherapie, der Bienenheilkunde. Privat eingeschickter Pollen aus der Steiermark wurde in Deutschland untersucht und es wurde mitgeteilt, dass dieser für den menschlichen Verzehr nicht geeignet ist. Wenn wir feststellen, dass unsere Bienen am Raps, am Mais, an den Sonneblumen und an anderen Pflanzen erkranken und langsam zugrunde gehen, dann ist es doch in erster Linie sinnvoll, diese Pflanzen zu untersuchen, weil sie die Ursachen des Bienensterbens sind und in zweiter Linie erst die Symptome, die Viren, Bakterien oder Parasiten, die sich in diesen geschwächten Organismen natürlich entwickeln und nachweisen lassen.

In einer gesunden Umwelt wird es gesunde Bienen geben, so einfach ist das, weil es in den mehr als 110 Millionen Jahren ihrer Entwicklungsgeschichte so war.

Konrad Schneider, Bioimker aus Deutsch Jahrdorf.