Vortrag über „Neuartige Pestizide töten Insekten und Vögel" schreckt auf

Etwa 40 Personen waren am 25. Mai 2012 der Einladung des BUND und der GRÜNEN Landtagsfraktion in den sächsischen Landtag gefolgt, um sich die neuen aufschreckenden Forschungsergebnisse des niederländischen Toxikologen Dr. Henk Tennekes anzuhören. Insbesondere die Neonikotinoide sind Grund seiner Sorge: Diese hochtoxischen Wirkstoffe sind wasserlöslich, durchdringen die gesamte wachsende Pflanze (systemische Insektizide), sind langlebig und können durch Pflanzen und Tiere aufgenommen werden. Neonikotinoide töten Insekten viel wirksamer als ihre Vorläufer. Der Toxikologe wirft den staatlichen Genehmigungsbehörden vor, diese höhere Wirksamkeit im Zulassungsverfahren nicht ausreichend berücksichtigt zu haben.

2008 lösten die Pestizide am Oberrhein ein Sterben von Bienenvölkern in einer vorher nicht gekannten Dimension aus. Tausende von Bienenvölkern starben, aber auch Wildbienen, Schmetterlinge und weitere Insekten. Henk Tennekes zeigte den enormen Rückgang der Brutvögel der Agrarlandschaft an vielen Beispielen auf. Er benennt die Vogelarten Kiebitz, Rebhuhn und Braunkehlchen mit Rückgangsraten von über 60 Prozent. Dabei ist der Rückgang der Bodenlebewesen und Insekten nicht beachtet und die Auswirkung auf Gewässer und die menschliche Gesundheit nicht erforscht.

Besonders bedenklich ist vor allem, dass die Neonikotinoide in ihrer Langzeitwirkung über dieselben Mechanismen verfügen wie kanzerogene Stoffe. D.h. sie wirken auch in sehr geringer Dosis tödlich, bereits mit wesentlich weniger aufgenommener Substanz als bei hoher Dosiseinwirkung. Diese Art von Wirkungsverstärkung tritt sonst nur bei krebserregenden Stoffen auf!

In Holland zum Beispiel werden Neonikotinoide nahezu flächendeckend verwendet und sind in den anliegenden Gewässern nachweisbar. Dabei genügt bereits eine Wirkstoffmenge für Neonikotinoide von 2g Wirkstoff pro ha. Die Wirkstoffe werden vom Organismus aufgenommen und sind dann bald nicht mehr nachweisbar. Auch über den Schwarzmarkt werden 20 % der Pestizide, darunter auch verbotene Produkte gehandelt.

Im Anschluss an den Vortrag wurde das Thema angeregt von Imkern, Landwirten und Wissenschaftlern mit Dr. Tennekes diskutiert.

Die Dramatik wurde von den Zuhörenden klar erkannt. Es gibt einige Möglichkeiten, einer weiteren Verseuchung der Umwelt durch Pestizide entgegenzuwirken. In Deutschland gibt es acht pestizidfreie Kommunen, die als Vorbild dienen könnten. Das Ziel, 7 % der Landwirtschaftsfläche als Vorrangflächen für Naturschutz festzulegen, könnte viele Arten der Agrarlandschaft retten. Eine gemeinsame politische Positionierung von Umweltverbänden, Imkern, Landwirten und Wassernutzern, zum Beispiel der Wasserwirtschaft, könnte eine Richtungsänderung in der Politik bewirken.

Quelle:
2012 - Johannes Lichdi, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag
http://www.johannes-lichdi.de/pestizide.html